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Mediengattungen: Von der Digitalisierung profitieren alle – wenn sie sich auf ihre Stärken besinnen

Zweigleisig ins Glück: So könnte das Erfolgsrezept auf dem deutschen Printmarkt aussehen. Wie Rainer Esser, Geschäftsführer des Zeit Verlags, beim Deutschen Medienkongress betonte, gewinnen Verlage durch die Digitalisierung mehr, als sie verlieren – wenn sie sowohl in Print als auch online ihre Stärken ausspielen.

Um vom digitalen Umschwung profitieren zu können, brauche es den Prototyp des „modernen Journalisten“, der alle Plattformen bedient. Seriös und gründlich recherchierte Nachrichten, die möglichst schnell immer und überall verfügbar sind und vom Feedback der Leser angereichert und aktualisiert werden: für Esser keine utopische Forderung. Auch eine Branche, die über Jahrzehnte ohne Veränderungsdruck existiert habe, müsse sich ab und an neu erfinden. „Es gibt keinen Artenschutz für den traditionellen Zeitungsverleger.“

Rainer Esser wäre aber nicht Rainer Esser, hätte er für seine Gattung nicht längst einen Platz in der digitalisierten Medienwelt ausgespäht: „Zeitungen sind künftig nicht der Fluss, sondern das feste Ufer, an dem alle Informationen glaubwürdig aufbereitet werden.“ Die Welt werde nämlich nicht nur schneller, sondern vor allem komplexer, und hier liege die Stärke und damit auch Chance der Zeitungen. Eine Rückbesinnung auf die Grundkompetenz der Branche – Orientierung zu geben, Themen einzuordnen und zu gewichten – tue not, betont der „Zeit“-Geschäftsführer weiter. Auch Tobias Trevisan, Sprecher der Geschäftsführung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, forciert die „Qualitätsstrategie“: „Man darf nicht den Fehler machen, die Zeitung zu schnell aufzugeben. So verliert man die Grundlage, um den jetzigen Transformationsprozess gestalten zu können.“ Schon heute seien 50 Prozent der Postings bei Facebook und Twitter Links auf „Profiinhalte“, also Verweise auf die Plattformen der klassischen Medien, ergänzt Christop  Keese, Geschäftsführer bei Axel Springer.

Stephan Scherzer, beim Medienkongress erstmals offiziell als neuer Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) am Rednerpult, appelliert an die Verlagswelt, sich im Digitalen ähnlich professionell aufzustellen wie in Print. Titel müssten „mehr als Leitmarken statt als Leitmedien“ geführt werden: „Starke Marken senden und empfangen auf allen relevanten Plattformen.“ Das alles erfordere eine neue Philosophie bei der Produktentwicklung, ähnlich wie bei Startups. Statt langfristige Pläne zu erstellen, sollten die Verantwortlichen ein agileres Projektmanagement betreiben, parallel stets den Markt im Blick haben und bereit sein, ihre Pläne laufend anzupassen.

Ein Umdenken tut auch bei der Werbung in eigener Sache not. „Das Gattungsmarketing war in der Vergangenheit zu schlecht“, räumt Peter Würtenberger, Chief Marketing Officer von Axel Springer, ein. Daher wollen die Verlage hier und in anderen strategisch wichtigen Fragen wie der Wirkungsforschung künftig enger zusammenarbeiten. „Wir müssen als Gattung viel selbstbewusster auftreten“, ergänzt Andreas Schilling, Geschäftsführer Burda Community Network.

Quelle: HORIZONT; 26. Januar 2012

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