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Eröffnungsrede VDZ-Präsident Dr. Stephan J. Holthoff-Pförtner beim Publishers' Summit 2016

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- es gilt das gesprochene Wort -

Dr. Stephan J. Holthoff-Pförtner

Sehr verehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

lieber Herr Scherzer,

ich freue mich sehr, heute an dieser Stelle zu stehen – als neu gewählter Präsident des VDZ – des Verbandes der Deutschen Zeitschriftenverleger.

Und ich bin bewegt von dem gestrigen Tag und der Nacht. Diese Publishers' Night und dieser Publishers' Summit waren etwas Besonderes. Es ging hier immer um etwas Wichtiges – das war gestern mehr denn je zu spüren. Denn unsere politische und gesellschaftliche Wirklichkeit hat sich geändert, die politischen Debatten werden härter und polarisierender ausgetragen. Eine "getrübte Wahrnehmung" beklagte Wolfgang Schäuble und beschwor wie etwa auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier oder Christian Lindner den Wert von Journalismus in der Gesellschaft zu stärken. Wir erlebten gestern eine ernsthafte, tiefe Auseinandersetzung mit dem Wert unserer Branche, mit ihren Leistungen und zum Teil auch mit sorgenvollen Beobachtungen. Und wir erleben wir großen Mut im Kampf um die Wahrheit. Dafür steht das Gesicht von Can Dündar, den wir gestern Abend geehrt haben. Immer wenn es um die Freiheit des Journalismus geht, werde ich an sein Gesicht denken. Dieses Bild nehme ich mit in mein neues Amt.

Neben Freude empfinde ich auch große Verantwortung für die vor mir liegende Aufgabe sowie Dankbarkeit. Ich danke allen, die mir dieses Amt anvertrauen und zu-trauen. Und das sind in allererster Linie Sie, die Mitglieder des VDZ. Es sind 470 meist mittelständische Häuser, oft inhabergeführt, oft über 100 Jahre erfolgreich am Markt. Für mich bedeutet das Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen, Verpflichtung.

Das Amt des VDZ-Präsidenten ist nicht irgendein Präsidenten-Amt, es geht um nicht weniger, als sich für die Freiheit der Presse – eine der wesentlichen Säulen der Demokratie – und ihrer Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa einzusetzen. Wer hier antritt, muss keinen Tanker sanieren, sondern kann ein agiles und vitales Schnell-Boot steuern. Mit einem Team, das auf Augenhöhe und hoch anerkannt die Interessen unserer Branche gegenüber Politik und Wirtschaft vertritt.

Es ist ein Amt, das Prof. Hubert Burda in den vergangenen 20 Jahren geprägt hat. Er hat dem VDZ höchste Reputation und Modernität gegeben. Wir haben das gestern alles noch eindrucksvoll verfolgt und sind Hubert Burda im großen Dank verbunden.

Es ist ein Amt an der Spitze eines Verbandes, der vor allem von dem Vertrauen, dem großen Engagement seiner Mitglieder lebt – über 700 Verleger, Verlagsmanager und Experten bringen sich hier ein und entwickeln gemeinsam ihre Branche weiter.

Und, meine Damen und Herren, es ist ein Verband, der von der Geschlossenheit seiner Mitglieder lebt, vom Vertrauen und dem Willen zur Zusammenarbeit. Ich wer-de mich dafür einsetzen, dass diese Grundlagen für eine erfolgreiche Verbandsarbeit selbstverständlich bleiben.

Dieser Verband repräsentiert eine überaus unternehmerische Branche – wir sind "die", die "einzigen Medien", die sich komplett selbst finanzieren, durch Anzeigen und vor allem durch den Leser – diese Abstimmung im Abo und am Kiosk, diese Abstimmung mit dem eigenen freiwillig geleisteten Geld gewinnen nur wir.

Wir sind aber mehr als nur Unternehmer, wir sind immer auch Träger besonderer Werte, die wir offensiv gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vertreten – damit meine ich nicht nur die Presse- und Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz. Ich meine – noch viel grundsätzlicher – die Aufgabe, eine Gesellschaft im Kommunikationszeitalter exklusiv, wahrhaft und sorgfältig zu informieren, für Partizipation, freie Meinungsbildung und Vermittlung zu sorgen – eine Aufgabe, die nicht nur den Publikumszeitschriften zu eigen ist, sondern auch den Fachmagazinen. Fachmagazine sind Lotsen für wirtschafts- und berufsrelevante Fachinformation – damit ein Eisbrecher und Ermöglicher für die gesamte Wirtschaft.

Unter dem Dach des VDZ versammeln sich neben Publikums- und Fachzeitschriften auch die Verleger der konfessionellen Presse. Sie geben auf mentale Veränderungen, auf das Auflösen von Tradition und Bindungen dringend notwendige Antworten, sie verbinden Amtskirche und Gläubige, sie vermitteln Spiritualität in einer Gesell-schaft, die immer mehr Sinnfragen stellt.

Meine Damen und Herren,

wie Sie wissen, hat die Funke Mediengruppe, deren Mitgesellschafter ich zu sein die Ehre und das Vergnügen habe, in den vergangenen Jahren viel in Zeitschriften und Zeitungen investiert. Wir sind dafür von Medien- und Wirtschaftsjournalisten nicht gerade mit Lob überschüttet worden. Wie kann man nur so viel Geld in eine "dead industry" stecken? Wir sind bei Funke der festen Überzeugung, dass das Zeitschriftengeschäft (und im Übrigen auch das Zeitungsgeschäft) quicklebendig ist. Und die Entwicklung der Jahre nach dem "Deal" mit Springer gibt uns recht. Wenn das "dead industry" ist, dann ist das ein schöner Tod.

Mir ist wichtig, dass Sie verstehen: Wir haben uns bei der Entscheidung für die Übernahme von Zeitschriften- und Zeitungen von Axel Springer natürlich auch für die Vorteile interessiert, die aus der Größe erwachsen. Größe wird im Zuge der Konsolidierung des Zeitschriften- und Zeitungsmarktes zweifellos ein wichtiges Kriterium sein, um am Markt zu bestehen. Aber es ging uns um mehr: Aus der Größe heraus kann eine neue Form der Zusammenarbeit entstehen. Daraus erwächst wiederum Wirtschaftlichkeit. Und wirtschaftliche Unabhängigkeit ist die zwingende Voraussetzung für journalistische Unabhängigkeit. Sie wiederum ist die Voraussetzung für inhaltliche Qualität. Hier liegt der eigentliche Kern für den sogenannten "Deal".

Meine Damen und Herren,

Publikums-, Fachzeitschriften und konfessionelle Presse vereint der Auftrag, das politische Gemeinwesen zu orientieren, Debatten zu ermöglichen und – so banal das klingt – mit Fakten zu versorgen. Aber genau das, was so selbstverständlich scheint, Fakten als solche zu akzeptieren und anzunehmen, ist in Gefahr. "Eine tödliche Gefahr für unser politisches Gemeinwesen ist die immer aggressivere Abneigung gegen Fakten, eine Ruchlosigkeit", wie Außenminister Frank Walter Steinmeier am Wochenende beklagte. Es ist überlebenswichtig für unsere demokratische Gesellschaft, da stimmen wir ihm zu, dass Debatten auf Grundlage von Fakten geführt werden. Der Konsens unserer Gesellschaft muss sein, dass wir uns darauf verständigen: 2 plus 2 ergeben 4.

Radikalisierung, Diskreditierung des politischen Gegners, Diskursverweigerung, Populismus und Vereinfachung – angesichts dieser aktuellen Entwicklungen ist eine freie Presse, die recherchiert, analysiert und einordnet, wichtiger denn je.

Der Journalismus in unseren Verlagen entwickelt und produziert Inhalte, die für Dialog, Diskurs, Verständigung, Kontrolle und Gegengewicht zu mächtigen Strukturen stehen. Unsere Mitgliedsverlage sind in diesem Kontext ein wichtiger gesellschaftlicher Faktor, der sensibilisiert und vorausschauend auf Zusammenhänge hinweist. Der den Finger in die Wunde legt, aufklärt und erklärt, der anregt und ganz sicher auch aufregt.

Und, lassen Sie mich das auch sagen, die Werte Pressefreiheit, Vielfalt und Wettbewerb sind untrennbar mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit verbunden: Nur journalistische Produkte, die sich wirtschaftlich selbst tragen, sind wirklich unabhängig.

Meine Damen und Herren,

die kommenden Zeiten werden ohne Zweifel politisch und gesellschaftlich komplizierter, sie werden uns mehr Mut und mehr Haltung abverlangen. In stärkeren Wettern zehren wir aus einem erprobten Gestern – viele Ihrer Häuser haben zwei Welt-kriege überstanden – und aus der Behauptung im Heute – erfolgreich durch und mit Freiheit, Vielfalt und Wettbewerb.

Und so verstehe ich mein Amt als unternehmerischer und politischer Botschafter einer modernen Branche – auf der Grundlage unserer Geschlossenheit und Ihres Vertrauens.

Vielen Dank!

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