Fachkräftemigration: Deutsche Auslandsschulen leisten Beitrag zum Triple Win
Die Flüchtlingskrise beherrscht die Debatte zur Migration. Dabei ist die qualifizierte Zuwanderung nach wie vor von großer Relevanz: Immer mehr Unternehmen klagen, der Fachkräftemangel verschärfe sich. Auch laut Bundesagentur für Arbeit gibt es etwa in technischen Berufen weiterhin Engpässe. Was die Deutschen Auslandsschulen als mögliche Quellen für die Zuwanderung von potenziellen Fachkräften besonders interessant macht, ist die neue Perspektive auf Arbeitsmigration, die vom Triple Win-Paradigma geprägt ist. Demnach sollte Fachkräftemigration vor allem dann gefördert werden, wenn sie zu einem dreifachen Nutzen führt und nicht nur Einwanderungsländern, die Fachkräfte brauchen, sondern auch den Migranten selbst und ihren Herkunftsländern Vorteile bringt.
Dreifacher Nutzen: Deutschland, Herkunftsländer und Einheimische profitieren
Voraussetzung für einen Triple Win ist die enge Kooperation zwischen Herkunftsländern und Zielländern im Migrationszyklus. In den Deutschen Auslandsschulen ist diese Kooperation im Geiste dreifachen Nutzens greifbar: Herkunftsländer profitieren, weil die Schulen auch Einheimischen exzellente Bildungschancen bieten, Einheimische profitieren, weil das Erlernen der deutschen Sprache ihnen Chancen für die Fortsetzung ihres Bildungs- und Karrierewegs in Deutschland ermöglicht, und Deutschland als Einwanderungsland profitiert, weil die ausländischen Absolventen Deutscher Auslandsschulen über anschlussfähige Abschlüsse für den Hochschulzugang in Deutschland verfügen.
Untersuchung nimmt Migrationsmuster in den Blick
Der von der Bertelsmann Stiftung geförderten Untersuchung zufolge entscheidet sich jeder zweite befragte Auslandsschulabsolvent für ein Studium oder eine Ausbildung in Deutschland (48 Prozent). Insgesamt kommen somit geschätzt jährlich rund 2.500 Deutsch sprechende und mit der deutschen Kultur vertraute junge Menschen aus der ganzen Welt nach Deutschland. Jeder dritte Befragte bleibt nach der Ausbildung in Deutschland (33 Prozent). Die in der Untersuchung identifizierten Migrationsmuster der befragten Auslandsschulabsolventen unterscheiden sich nach Staatsangehörigkeit. So gehen knapp zwei Drittel der befragten Absolventen mit deutscher Staatsbürgerschaft (62 Prozent) nach dem Schulabschluss nach Deutschland und etwa ein Drittel der nichtdeutschen Absolventen (32 Prozent). Der Bezug zu Deutschland bleibt auch im Ausland häufig bestehen: Knapp jeder dritte Absolvent hat nach Einschätzung der befragten Schulen im Sitzland beruflich mit Deutschland zu tun (27 Prozent). Diese Absolventen sind demnach primär in der Wirtschaft beschäftigt (63 Prozent), aber auch in Wissenschaft und Forschung (31 Prozent), Schule und Bildung (21 Prozent) sowie in Regierung oder diplomatischem Dienst (19 Prozent).
Auslandsschulen eröffnen globale Bildungswege
"Der Auslandsschulbesuch mündet nicht in einer Einbahnstraße, sondern eröffnet globale Bildungswege", sagt Detlef Ernst, Vorstandsvorsitzender des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen. "Wo auch immer die Auslandsschulabsolventen studieren, arbeiten und leben, bleibt ein enger Bezug zu Deutschland bestehen. So wird echter Austausch möglich – in Form von Fachkräften, aber auch von Wissen, Erfahrungen und Netzwerken."
MINT-Fächer weit verbreitet
Die befragten Auslandsschulabsolventen sind hoch qualifiziert und überwiegend in Berufsfeldern ausgebildet, die von Fachkräfteengpässen oder -mangel betroffen sind. Die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sind weit verbreitet: Technik und Ingenieurwissenschaften ist unter den befragten Absolventen die beliebteste Fachrichtung (25 Prozent); auch Medizin/Gesundheitswesen und Naturwissenschaften/Mathematik werden häufig genannt (je 12 Prozent).
Die Qualität der Bildungseinrichtungen macht Deutschland für zwei Drittel der befragten Auslandsschulabsolventen als Ausbildungs- und Studienort attraktiv (67 Prozent). Aber auch die Verbundenheit zu Deutschland (49 Prozent) und die erwarteten Karrierechancen (45 Prozent) sind wichtige Motive. Besonders jüngeren und nichtdeutschen Absolventen sind die Qualität der Bildungseinrichtungen, erwartete Karrierechancen und niedrige Studiengebühren wichtig.
"Studiengebühren setzen falsches Signal"
"Mit Blick auf den internationalen Wettbewerb um die besten Studierenden und Fachkräfte bieten die Auslandsschulabsolventen besonders großes Potenzial: Sie kennen Deutschland, sind hervorragend ausgebildet und mehrsprachig", betont Detlef Ernst. "Dieses Potenzial sollten Bund und Länder nutzen und aktiv fördern. Gesetzesinitiativen wie die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen setzen falsche Signale."
Weitere Forschung notwendig
Die Untersuchung zeigt, dass die Migrationsmuster der Absolventen abhängig von Hintergrund und Herkunft sehr unterschiedlich ausfallen. Hier besteht großer Bedarf an weiterer Forschung, um das Triple Win-Potenzial der Deutschen Auslandsschulen noch genauer zu bestimmen. Eine Folgeuntersuchung müsste daran ansetzen, nicht nur unter den Schulen, sondern auch unter den Absolventen weltweit repräsentative Ergebnisse zu erzielen. Künftig könnte ein regelmäßiges Bildungscontrolling helfen, besser zu verstehen, mit welchen Herausforderungen und Rahmenbedingungen die Schulträger vor Ort umgehen müssen. Weitere Forschungsvorhaben sollten zudem die Unterschiede zwischen deutschen und nichtdeutschen Absolventen in den Blick nehmen. Zugleich wäre der Kreis der befragten Schulen im Ausland und ihrer Absolventen auszuweiten, um Vergleichsgruppen zu erhalten.
Weitere Informationen sowie die Studie und Interviews zum Download finden Sie hier.