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Fachmedien bewegen Märkte

Die Eröffnungsrede zum diesjährigen Kongress der Deutschen Fachpresse von Stefan Rühling, dem Sprecher des Verbandes der Deutsche Fachpresse

Stefan Rühling, Sprecher des Verbandes der Deutschen Fachpresse

Zwei Tage nehmen wir uns  Zeit im hektischen Tagesgeschäft für den Austausch, für neue Kontakte, für neues Wissen und neue Ideen. Zwei Tage, in denen wir eine Positionsbestimmung ausloten wollen: Wo stehen wir als Fachmedienanbieter heute, welche Stärken haben wir, wie kann die Zukunft für unsere Gattung aussehen?

Diese Fragen sind nicht trivial und in vieler Hinsicht grundlegend. Genau deshalb lautet das Motto unseres diesjährigen Kongresses: „Transformation erfolgreich gestalten“. Warum? Weil wir alle täglich herausgefordert sind, mit dem Wandel umzugehen und diese unglaublich dynamischen Veränderungen erfolgreich zu gestalten.

Transformation allenthalben, auch in einer der deutschen Schlüsselindustrien, der Automobilindustrie. Kürzlich las ich in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Mai ein schönes Portrait über den BMW-Chef Norbert Reithofer. Wie Sie vielleicht wissen, geht BMW mit dem i3 mutig ganz neue Wege: Elektroantrieb und Carbon statt Stahl und Ottomotor. Hier geht es an den Kern der Mobilität und an den Markenkern. Das ist kein leichtes Unterfangen, wie Sie sich vorstellen können. Zumal es ja im Firmennamen heißt: Bayerische MOTOREN Werke! Was, wenn da gar kein Motor mehr drin steckt?

Reithofer schildert dazu: „Als wir begonnen haben, über Alternativen zum klassischen Auto nachzudenken, sind wir bei einigen unserer Leute nicht gerade mit offenen Armen empfangen worden.“ Das sagt Reithofer über die internen Herausforderungen. Und auch ihm kommen immer wieder Zweifel, ob er den richtigen Weg eingeschlagen hat. „Haben Sie bei sowas eine Erfolgsgarantie? Nein!“, folgert er. Aber dennoch ist sein Fazit als Unternehmenslenker: „Macht man sich darüber immer wieder Gedanken? Natürlich. Ist es deswegen falsch, es zu tun? Nein, es ist absolut richtig.“

Wirtschaft im Wandel

Erkennen Sie sich und manche Ihrer Gedanken in diesen Antworten auch wieder? Sie sehen, die Wirtschaft insgesamt ist im Wandel und wir als Fachmedienhäuser stecken auch mittendrin.

Und dabei konnten wir mit dem vergangenen Geschäftsjahr noch recht zufrieden sein. Mit einem zwar bescheidenem, aber doch einem Wachstum von 0,4 Prozent haben die deutschen Fachmedienanbieter das Geschäftsjahr 2012 positiv beendet. Immerhin setzten wir damit insgesamt 3,1 Milliarden Euro um. Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Wucht des Wandels spürbar. Das ist auch in den Vorjahreszahlen unübersehbar: DER Wachstumstreiber war das digitale Geschäft. Und wir werden als Fachmedienanbieter auch weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um unsere starken Marken für Leser und Werbekunden in digitale Angebote zu überführen. Das heißt nicht, dass unsere traditionellen Geschäftsfelder wie gedruckte Zeitschriften und Fachbücher keine Rolle mehr spielen. Mit 77 Prozent Anteil am Umsatz sind sie nach wie vor die Tragpfeiler unseres Geschäfts.

Und deshalb bin ich auch nicht glücklich, wenn WPP-Agenturchef Martin Sorrell kürzlich die Werbebranche pauschal dazu aufrief, Anzeigenbudgets in Printmedien drastisch zu kürzen, weil Budgetanteile und zeitanteilige Nutzung der Leser nach WPP-Analyse nicht genau zusammen passen. Hier spricht kein Unbedeutender der Branche, denn wie Sie wissen, kauft WPP als weltgrößte Agentur für 73 Milliarden US-Dollar Werbefläche in Medien, von TV über Print bis zu Google und Facebook. Bei allem Respekt für WPP halte ich eine differenzierte Betrachtung der Märkte für dringend geboten, beispielsweise müssen die Nutzungspräferenzen unserer „Professionellen Entscheider“ im Fachzeitschriftenbereich berücksichtigt werden. Hier zeigen sich zum großen Teil noch ganz andere Nutzungsgewohnheiten als das von Sorrell geäußert wird.

Heutige Stärke nutzen

Doch wie die Automobilindustrie, die bereits jetzt – bei guten Absatzzahlen – über Autos ohne Verbrennungsmotor nachdenkt, genauso müssen wir unsere heutige Stärke nutzen, um auf die – digitalen – Märkte passende Antworten zu haben.

Fachmedien bewegen Märkte und sind für Wirtschaft und Wissenschaft unentbehrlich. Unsere Wissensgesellschaft braucht hochwertige Fachinformationen. Hierzu zähle ich ausdrücklich auch Werbung für relevante Produkte und Dienstleistungen.

  • Wir alle produzieren täglich Nachrichten für die Wirtschaft und für Profis in den Märkten,
  • Wir stellen entscheidungsrelevante Daten und Fakten bereit,
  • Wir unterstützen unsere Kunden in ihren Geschäftsprozessen, bauen umfassende Datenbanken auf und schaffen Communities für den persönlichen Austausch.


Ich glaube, wir können auch ein bisschen stolz auf diese Leistung sein. Wir haben schon viel erreicht, auch auf dem Weg zu unserer künftigen Rolle.

Politische Rahmenbedingungen

Damit wir unsere Leistung effizient erbringen können, benötigen wir aber auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen und einen fairen Wettbewerb. Mit dem Leistungsschutzrecht sowie dem Jahressteuergesetz sind für uns im letzten Jahr wichtige Weichenstellungen vorgenommen worden. Insbesondere die Streichung des Vorsteuerabzugs für Bildungsleistungen aus dem geplanten Jahressteuergesetz 2013, die zu Kostensteigerung von 10 bis 15 Prozent auf Anbieterseite für Seminare und Kongresse geführt hätte, ist ein deutliches Zeichen, wie wir im Verein Deutsche Fachpresse zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen in unseren Trägerverbänden, VDZ und Börsenverein, durch solidarisches Handeln politisches Gehör finden können. Die Kolleginnen und Kollegen werden auch weiterhin für uns auf Bundes- und Europaebene eintreten. Die wichtigsten Herausforderungen sind hier in nächster Zeit die EU-Datenschutznovelle sowie ein für Verlage vertretbares Zweitveröffentlichungsrecht im Rahmen der Urheberrechtsnovelle.

„Transformation erfolgreich gestalten“ ist ein hoher Anspruch. Doch wie eingangs schon erwähnt, besteht auch große Unsicherheit über die einzuschlagenden Wege. Für uns Fachmedienanbieter bedeutet das vor allem. Wir müssen intern vieles ändern und noch viel mehr tun. Change Management, Mut zur Veränderung, agile Entwicklung – das sind nur drei Stichworte dazu:

  • Wir müssen nicht mehr „Produkte“ anbieten, sondern Lösungen oder „Solutions“ entwickeln.
  • Wir sprechen von „Permanent Beta“ und müssen uns mit ganz neuen Technologien beschäftigen, die – das mal nebenbei gesagt – auch wirklich richtig teuer sind.
  • Innovationsmanagement ist gefragt, im Verlag stehen Prozesseffizienz und die IT-Architektur auf der To-Do-Liste.


Gleichzeitig ändern sich die Berufsbilder: Produktmanager, Datenanalysten, Programmierer, Audience Developer, Eventmanager und ähnliche Stellenbeschreibungen finden sich heute in unseren Häusern. All diese Veränderungen rütteln auch am Selbstverständnis. Sind Fachmedienanbieter heute noch „Verlage“, oder doch schon viel mehr?

Wettbewerber im Auge behalten

Auch die neuen Wettbewerber in unseren Märkten sollten wir unbedingt im Auge behalten. Die Big Four Apple, Amazon, Google und Facebook, aber auch Twitter, LinkedIn oder Xing ändern die Spielregeln nachhaltig und können mit ihren finanziellen Möglichkeiten Märkte fundamental beeinflussen. Dies gilt bisher vorwiegend im Consumer-Bereich, doch auch die B2B-Märkte stehen ohne Zweifel in deren Fokus.

Wie können wir unsere Unabhängigkeit durch Eigeninitiativen wahren?
Wo machen Partnerschaften Sinn und wie können wir mit diesen Playern auf Augenhöhe verhandeln oder zusammen arbeiten?
Das sind Fragen, die uns in Zukunft noch sehr beschäftigen werden.

Um diese Herausforderungen meistern zu können, brauchen wir auch, neben allen Qualifikationen in den Häusern, eine Solidargemeinschaft, die uns nach innen und außen stärkt. Hierfür stehen die Deutsche Fachpresse und ihre Trägerverbände VDZ und Börsenverein. Bringen Sie sich ein und nutzen Sie die vielfältigen Möglichkeiten, um auch Ihr Unternehmen individuell stärker zu machen!

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