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"Fairer Wettbewerb in der digitalisierten Medienwelt": 2. Tag des Publishers' Summit 2014

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Reden von Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière, Daimler Vorstandsvorsitzender Dr. Dieter Zetsche, Bundesbeautragter für die Stasiunterlagen Roland Jahn, Bestsellerautor Dr. Eckart von Hirschhausen

Am zweiten Konferenztag verband VDZ-Präsident Prof. Dr. Hubert Burda einen Rückblick auf den Vortag mit einem Überblick zu aktuellen medienpolitischen Themen. Die unaufhaltsame digitale Transformation erfordere politische Weichenstellungen, so VDZ-Präsident Burda. Zum Beispiel beim Datenschutzrecht, das heute "das Grundgesetz für jedes Geschäftsmodell ist, sei es analog oder digital". Vor dem Hintergrund der geplanten europäischen Datenschutznovelle betonte Burda, dass das neue Recht Chancengleichheit im Wettbewerb schaffen müsse: "Ein einheitlicher Rechtsrahmen, der für alle Unternehmen gilt, die auf europäischen Märkten agieren, ist überfällig.“ Ebenso wichtig wie dieses „Level Playing Field" sei aber dessen Ausgestaltung: So sei es für Verlage unerlässlich, dass bisher legitime Formen der Datenverarbeitung, zum Beispiel im Direktmarketing oder in den Redaktionen, unangetastet bleiben. Burda forderte die neue EU-Kommission zu einer umfassenden wettbewerbsrechtlichen Überprüfung der digitalen Welt auf.

Auch an die deutsche Politikspitze wandte sich der Verleger: Er vertraue darauf, dass die Bundesregierung nach wie vor zu ihrer Auffassung stehe, dass Werbeverbote und -beschränkungen ein Angriff auf Vielfalt und Qualität der Presse seien. "Jeder Richtungswechsel in dieser Sache wäre ein Irrweg", so Burda mit Blick auf drohende Werbebeschränkungen im Finanzbereich und an die Adresse des anwesenden Bundesinnenministers Dr. Thomas de Maizière. Auch die Vereinfachung von Verlagskooperationen im Wettbewerbsrecht sowie die Ausdehnung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf die digitale Presse seien im Koalitionsvertrag angekündigt worden; nun sollten Taten folgen. Zudem betonte Burda die Notwendigkeit starker Urheber- und Leistungsschutzrechte, die entscheidende Bedeutung für die Finanzierung der Presse hätten.

Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hob in seiner Rede die Bedeutung der Pressefreiheit und die Rolle der Medien beim Berliner Mauerfall vor 25 Jahren hervor. Ohne die Pressekonferenz Schabowskis und der medialen Verbreitung der neuen Bestimmungen zur Reisefreiheit hätte sich vieles vielleicht so nicht ereignet.

Zur europäischen Datenschutzgrundverordnung nannte de Maizière drei entscheidende Faktoren, die beim weiteren Gesetzgebungsprozess berücksichtigt werden müssten: Die bestehenden verpflichtenden Ausnahmen von Datenschutzrecht und Datenschutzaufsicht für die journalistische Datenverarbeitung sollten in der neuen EU-Verordnung erhalten bleiben.

Zudem müssten sich Verlage anständig refinanzieren können und dazu zähle beispielsweise auch, dass deren Direktmarketingaktivitäten wie beim Fachpressevertrieb weiterhin möglich sein müssten. Außerdem sollten Schlupflöcher verhindert werden, die außereuropäischen Unternehmen, die ihren Sitz in Irland nehmen, Vorteile verschafften. Ein Level-Playing-Field im Datenschutzrecht sei in diesem Sinne erforderlich, so dass sich jeder Anbieter gleichen Regeln unterwerfen müsse. Abschließend betonte der Bundesinnenminister, dass man auf die deutsche Zeitschriftenlandschaft stolz sein könne: "Um die Vielfalt, Breite, Tiefe und Qualität, analog und online, beneiden uns viele in der Welt". Dabei solle es bleiben.

Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, ging in seinem Vortrag über die "Automobilbranche im Wandel" auch auf Parallelen zum Geschäft der Zeitschriftenverleger ein. Beide Branchen stünden vor großen Herausforderungen, zu denen vor allem auch neue Vertriebswege zählten. "Diese sind erforderlich, um die Menschen in ihrer Lebenswelt zu erreichen und mit der Marke in Kontakt bringen", so Zetsche. Die Automobilbranche werde sich dem Thema "Autonomes Fahren" mit hoher Intensität widmen, da dies für ihre Geschäftsmodell die gleiche Revolution bedeute wie die Erfindung des Smartphones für die Medienbranche.

Mit Esprit und Witz erläuterte der Arzt und Autor Dr. Eckard von Hirschhausen, warum er gerne das Ehrenamt eines Lesebotschafters für die Stiftung Lesen angenommen habe: "Jeder Euro, den wir in die Leseförderung stecken, kommt für die Gesellschaft 25-fach zurück. Dass es immer noch 7,5 Millionen Analphabeten in Deutschland gebe, sei ein verbesserungswürdiger Zustand; schließlich handele es sich dabei auch um potenzielle Leser von Zeitschriften."

Zum Abschluss des zweiten Kongresstags stand das Thema Freiheit in unterschiedlichen Facetten im Fokus: als Pressefreiheit mit einer beeindruckenden Diskussionsrunde von Auslandskorrespondenten und deren geschilderten Alltags- und Arbeitserlebnissen in Krisenregionen; als unternehmerische Freiheit mit einer beeindruckenden Schilderung der wechselvollen Unternehmensgeschichte der ostdeutschen Kathi Backwerke durch den Firmeninhaber Rainer Thiele; und als bürgerliche Freiheit durch die sehr persönlichen Ausführungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), Roland Jahn.

Alle drei Beiträge bezeugten das konstituierende Element der Pressefreiheit für eine demokratische Gesellschaft, verdeutlichten jedoch auch, dass Pressefreiheit weder selbstverständlich noch Selbstzweck sind, sondern täglich verteidigt werden müssen. Mit dem zweitägigen Publishers’ Summit und der Publishers’ Night bot der Kongress der Zeitschriftenverleger einen beeindruckenden Rahmen im Vorfeld des Jubiläums "25 Jahre Berliner Mauerfall".

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