Freelancer: Deutlich weniger Aufträge nach Einführung von ChatGPT und Co.
Generative Künstliche Intelligenz (KI) hat potenziell tiefgreifende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Wie eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) nach der Auswertung von Online-Arbeitsmärkten zeigt, reduzieren KI-Tools wie ChatGPT die Nachfrage nach digitalen freiberuflichen Tätigkeiten (Freelance-Arbeit) deutlich. Demnach ist in den ersten acht Monaten nach der Veröffentlichung von ChatGPT Ende November 2022 die Nachfrage nach automatisierungsanfälligen Tätigkeiten im Durchschnitt um ein Fünftel zurückgegangen. Am stärksten waren mit minus 30 Prozent Schreibtätigkeiten wie Korrekturlesen oder Ghostwriting betroffen und mit minus 20 Prozent Software-, App- und Webentwicklungen. Für Grafikdesign und 3D-Modellierung wurden nach dem Start entsprechender KI-Programme Freelancer insgesamt 17 Prozent weniger Aufträge angeboten als zuvor.
Über eine Million ausgeschriebene Aufträge ausgewertet
„ChatGPT sowie Bilderstellungs-KI-Tools haben den Freelance-Arbeitsmarkt in bestimmten Bereichen schnell aufgewirbelt. Dabei steht generative KI erst am Anfang, die Arbeitswelt dürfte sich also noch weiter und noch viel stärker als bisher verändern“, sagt Jonas Hannane aus der Abteilung Unternehmen und Märkte des DIW Berlin. Gemeinsam mit Ozge Demirci von der Harvard Business School und Xinrong Zhu von der Imperial College London Business School hat Hannane für die Studie über eine Million Aufträge, die von Juli 2021 bis Juli 2023 auf einer großen Online-Plattform für Freelance-Arbeit ausgeschrieben wurden, gesammelt und ausgewertet.
Gezielte Bildungs- und Weiterbildungsangebote nötig, um niemanden abzuhängen
Zwar sind die mittel- bis langfristigen Auswirkungen generativer KI auf den regulären Arbeitsmarkt noch schwer abzuschätzen, einige aktuelle Experimentalstudien geben aber erste wichtige Hinweise auf ihr Potenzial: Deutliche Produktivitätszuwächse etwa bei Programmier- und Schreibarbeiten oder im Kundenservice erscheinen möglich, die somit das Wirtschaftswachstum ankurbeln könnten. Umso wichtiger ist es den Studienautoren zufolge, dass Unternehmen in die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter sowie technologische Innovationen investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Produktivitätsgewinne zu erzielen. Auch die Bildungspolitik sei gefragt, entsprechende Programme an Schulen, Universitäten und in Weiterbildungseinrichtungen zu etablieren. „Wichtig ist, dass niemand abgehängt wird“, betont Studienautor Hannane. „Deshalb muss darauf geachtet werden, einen gleichberechtigten Zugang zu Bildungsangeboten zu gewährleisten, um Chancengleichheit und wirtschaftlichen Fortschritt in einer KI-geprägten Arbeitswelt sicherzustellen.“
Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW)