Ist Deep Journalism die Rettung für Qualitätsmedien?
Im vergangenen Jahr ging der FUTURUM Award von DNV in der Kategorie „Innovation im Digitalvertrieb“ an Sebastian Turner, Gründer und Geschäftsführer von Table.Media. Der Unternehmer und ehemalige Tagesspiegel-Herausgeber und -Gesellschafter wurde für die Art und Weise ausgezeichnet, wie er Content denkt, produziert und im Lesermarkt monetarisiert.
Die Content-Strategie von Table.Media stand auch im Mittelpunkt von Sebastian Turners Vortrag bei der Jahrestagung des MVFP Südwest am 24.09. in Stuttgart. Dieser trug den Titel „Ist Deep Journalism die Rettung für Qualitätsmedien – ob Hauptstadtzeitung, Lokalblatt oder Fachpublikationen?“ und lieferte den 40 Gästen exklusive Einblicke in das Geschäftsmodell der Table.Briefings von Table.Media.
Domänenkompetenz, Vertikalisierung und Rebundling
Mit seinen Angeboten zu Themenfeldern wie China, Klimapolitik, Bildung oder Wissenschaft setzt das Medienunternehmen von Sebastian Turner auf „Deep Journalism“ – ein Terminus, der im Gespräch mit dem Medienforscher Stephan Russ-Mohl entstand, wie Turner den Vertretern der MVFP-Mitgliedsverlage aus dem Südwesten erklärte: „Deep Journalism ist nichts anderes als guter Journalismus, der es aber unter den Bedingungen von heute immer schwerer hat.“
Ausgehend von den Ansätzen, die der Stanford-Professor James T. Hamilton bereits 2006 in seiner Publikation „All the News That's Fit to Sell“ vorgestellt hat, haben Sebastian Turner und Stephan Russ-Mohl das Thema weitergedacht und im letzten Jahr gemeinsam ein Buch herausgegeben. Darin wird Deep Journalism wie folgt definiert: Redaktionelle Experten-Teams gehen in die Tiefe und die Sach- und Domänenkompetenz der Redaktionen wird mit Vertikalisierung und neuen Produkten (Rebundling) gestärkt. Genau das – nämlich einen „B2B-Ansatz der Ultra-Art“ – praktiziert das Team von Table.Media mit seinem Content-Angebot. Die elf Publikationen für berufliche Entscheider, die das Portfolio von Table.Media mittlerweile umfasst, beinhalten Elemente aus Tageszeitungen (Aktualität), Fachpresse (Branchenwissen) und Pressespiegel (Überblick) und setzen diese zu einem „All-in-one-Informationsangebot“ neu zusammen.
Entscheider-Briefings boomen
„Inzwischen hat sich dafür der Begriff des Briefings herauskristallisiert“, so Turner. Begonnen hat er mit diesem redaktionellen Ansatz bereits in seiner vorherigen Tätigkeit als Herausgeber und Mitinhaber des Tagesspiegels, bevor er sich im Jahr 2021 zur Gründung von Table.Media entschloss, um das Konzept dort gezielt weiterzuentwickeln.
Dabei ist Table.Media hierzulande längst nicht mehr alleiniger Anbieter solcher Entscheider-Briefings. Neben dem Tagesspiegel setzen auch Medien wie FAZ, Süddeutsche Zeitung, The Pioneer oder Politico auf das vielversprechende Genre. Doch mit über 300.000 Abonnements, 70 Redaktionsmitgliedern, den meisten Zitierungen und der größten Werbereichweite liegen die Table.Briefings in Deutschland auf Platz 1, wie Sebastian Turner in seinem Vortrag belegen konnte. Die Größe der Redaktion spielt dabei nach seiner Auffassung eine ganz wesentliche Rolle: „Man kann das nicht Low-Budget- und KI-mäßig machen – denn das merken die Profi-Leser spätestens nach der dritten Zeile.“
Auch für den Lokaljournalismus sieht Sebastian Turner Deep Journalism als einen erfolgsversprechenden Weg: „Je mehr wir ein Ausdünnen in den Regionalmedien haben, desto mehr Fenster für Neugründungen öffnen sich.“ Dazu bedürfe es bei den journalistischen Gründern allerdings einer ökonomischen Kompetenz, die sich beispielsweise durch Weiterbildungen aneignen lassen würde.
Weitere Impressionen von der Jahrestagung des MVFP Südwest finden Sie demnächst in der Ausgabe 4/24 des MVFP-Magazins MVFP impuls.