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„Märkte gemeinsam gestalten“

Print & Digital Vertrieb

Von der richtigen Balance zwischen Wettbewerb und Solidarität

Manfred Braun, Sprecher PZ-Vorstand im VDZ, Leiter des Zeitschriftenbereiches und Verlagsgeschäftsführer NRW der WAZ Mediengruppe

Manche Branchen sind allein mit Zahlen nicht zu messen. Für Zeitschriftenverlage gilt das ganz besonders. Denn rein statistisch betrachtet ist die Zeitschriftenbranche mit knapp sieben Milliarden Euro Inlands-Umsatz ein kleiner Teil der Volkswirtschaft. Mit ihrer Ausstrahlung und ihrer Verbindung mit der Öffentlichkeit und ihren Milieus erzielt sie aber eine vielfach größere Wirkung als es der Betrachtung der Zahlen entspricht. Denn Zeitschriften sind kein Produkt wie Filtertüten oder Schrauben. Sie sind, wie Gerd Schulte-Hillen es einmal formuliert hat, „Kinder der Leidenschaft“. Sie befördern als Multiplikatoren Informationen, Geist und Unterhaltung, sie ragen in die Gesellschaft und wirken in ihr. Sie sind Marken, um die sich oft eine kleine Welt schart. Sie sind „Social Media“!

Weil ihre Produkte und ihr Handeln Thema und Bestandteil unserer Gesellschaft und unserer Kultur sind, ist es eine Aufgabe mit hohem Anspruch nach außen, Zeitschriften zu machen, zu vertreiben und zu bewerben. Und nach innen ist die Aufgabe mit vielen einzelnen Arbeitsschritten und ineinandergreifenden Rädern von jeher anspruchsvoll und komplex. In den vergangenen Jahren stieg diese Komplexität immer weiter – vor allem durch Differenzierung, Digitalisierung und Internationalisierung. Viele deutsche Zeitschriftentitel sind Marken geworden, die in andere Mediengattungen hineinragen und in vielen Ländern verlegt werden.

Der Wettbewerb hat dabei für die Verlage im Laufe der Jahrzehnte vor allem durch neue Mediengattungen – Privatfernsehen, Internet, Mobile – immer weiter zugenommen. Und seit einiger Zeit sind nun mit Apple, Google, Facebook und Co. Giga-Unternehmen zu Konkurrenten geworden, mit denen die Verlage im Wettbewerb stehen, um nicht auf die Rolle als reine Inhalteanbieter reduziert zu werden.

Balance zwischen Wettbewerb und Solidarität

Doch anders als Google und Co. waren Verleger nie ,nur‘ Wettbewerber und nie nur ausschließlich der Ökonomie verpflichtete Unternehmer, sondern vor allem immer auch Träger und Plattform demokratischer Willensbildungsprozesse. Deshalb bestand und besteht bei allem Wettbewerb zwischen den Häusern immer auch Solidarität in ihrem publizistischen Selbstverständnis, die sich in der Stärke der Mediengattung Zeitschriften am besten zeigt. Dazu gehören auch das Bewusstsein und der Wille, Märkte und Marktumfelder vorausschauend mitzugestalten. Es ist eine Balance aus Wettbewerb untereinander und Erhalt des Zeitschriftensystems insgesamt, die das Verhältnis der Verlage zueinander stets ausgezeichnet hat. Zu dieser Balance tragen alle bei und verzichten damit oft darauf, den letzten Vorteil für sich selbst, für das eigene Haus, herauszuholen, in der Erkenntnis, dass ein Kompromiss letztlich mehr für die Gattung insgesamt und damit mittelbar auch einen Mehrwert für den eigenen  Verlag erzielt.

So ist das Grosso-System von diesem Gedanken getragen. Der Vertrieb wird von einem Partner geleistet, dem in seinem Gebiet die Alleinstellung als Gegenstück für seine Neutralität gewährt wird und also allen Titeln einen Zugang zum Handel ermöglicht, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und Kraft. Dies ist eben bewusst nicht das System, in dem die Größten ihre Stärke voll ausspielen (können). Die Verlage haben dieses System selbst geschaffen, denn es ermöglicht Offenheit und Schnelligkeit: Wer eine Zeitschrift gründet, kann sie innerhalb von 24 Stunden an maximal 120.000 Verkaufsstellen vertreiben. Von solch einem gleichberechtigten Zugang zu den Kunden können Hersteller aus anderen Branchen nur träumen. Dieses Vertriebssystem gründet auf Solidarität, setzt Solidarität voraus und belohnt am Ende diese Solidarität. Alleingänge und Beharren auf Marktstärke gefährden das solidarische Prinzip dieses Systems, gefährden es am Ende selbst. Gefährdend wirken umgekehrt allerdings auch Beharren auf dem Status  uo sowie Unbeweglichkeit und Reformunwilligkeit.

Die deutschen Verlegerverbände haben die Kartellbehörden um Klärung der Frage gebeten, inwiefern Google mit seiner marktbeherrschenden Suchmaschine und exponierten Angeboten eigener Content-Portale die Verlage wettbewerbswidrig benachteiligt. Dabei geht es mit Fair Search und Fair Share auf einer alternativlosen Plattform um Grundfragen zugangsoffener Medienvielfalt in der digitalen Welt. Ein weiterer Fall von Solidarität sind die Investitionen in das Gattungsprojekt Ad Impact Monitor (AIM), das die Werbekraft von Zeitschriftenanzeigen nachweisbarer machen soll. Auch hier leisten viele Verlage einen beachtlichen, nicht zuletzt erheblichen finanziellen Einsatz, unabhängig davon, wie viel gerade der einzelne Verlag hier wieder direkt zurückbekommt.

Im Medienwandel mit seinen besonderen Herausforderungen an Innovationskraft, -mut und Vorausblick gehen viele Verlage ganz eigene Wege. Nicht jeder Weg kann und muss aber von jedem alleine zurückgelegt werden, und insofern sind pragmatische Allianzen im Rahmen der kartellrechtlichen Möglichkeiten in den Fokus der Verlage gerutscht. Im Ausland gibt es dafür schon viele Beispiele. Auf dem internationalen Digital Innovators‘ Summit 2011 plädierten Verlagsvertreter dafür, diese Allianzen z.B. bei der Vermarktung von Teilen der Online-Werbung zu prüfen sowie mehr Kooperationen im Gattungsmarketing und in der Marktforschung einzugehen.

Schlussgedanke

Zeitschriften sind Zukunft, eine Zukunft, die wir gemeinsam gestalten müssen. Zeiten der Veränderung fordern gerade die Publikumszeitschriften im VDZ in besonderer Weise, die Gemeinsamkeit zu sichern und zu fördern. Ein einzelner Ast kann brechen, nicht aber ein Bündel von Ästen. Wir alle sollten weiterhin an die gemeinsame Sache denken und uns für sie einsetzen, weil sie den eigenen Interessen nicht widerspricht, sondern ihnen im Gegenteil nutzt. Verbandsinteressen sind Unternehmensinteressen, und ohne einen gemeinsamen Nenner geht es nicht.

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