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Nicht Technik gewinnt, sondern Inhalte

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"Auch 2013 gilt: Unser Kerngeschäft ist gesund, wenn wir es richtig führen, denn unsere Magazine haben auch in der digitalisierten Welt einen festen Platz im Leben der Menschen", so VDZ-Präsident Hubert Burda zur Eröffnung des Publishers' Summit. "Lieber Staub aufwirbeln, als Staub ansetzen!" Was für den Verleger nichts anderes bedeutet, als sich für Print zu engagieren, anzupacken, Ideen zu entwickeln und den Kampf um die Aufmerksamkeit des Lesers anzunehmen. Und mit einer Mär räumt denn Hubert Burda auch gleich auf. "Verleger verstehen sehr wohl etwas von Digital!" Was sich später in den Expertenpanels noch zeigen sollte.

Mit insgesamt 435 Verlegern, die Mitglied im VDZ sind, ist der Verband, so Burda, eine Stimme, die in Berlin und in Brüssel gehört wird und dort Gewicht hat. Aber, so Burda weiter, wenn wir schon journalistische Kompetenz, verlegerischen Mut und Leidenschaft zur Basis für erfolgreiches Handeln machen wollen und können, dann müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen. Er zielte damit auf Google, Apple und Amazon, die trotz riesiger Gewinne in Deutschland und Europa hier kaum Steuern zahlen. Eine klare Wettbewerbsverzerrung, die es zu bekämpfen gelte. Gleichzeitig warnte er davor, dass Google und Co. jederzeit in der Lage seien, mit ihren gesammelten Datenmengen jedes neue Geschäftsmodell in kurzer Zeit kaputt zu machen. Es könne nicht angehen, so Burda, dass die wertvollen Konsumentendaten nur ausschließlich den Amerikanern gehören, und die damit machen können was sie wollen. Dieser Strategie muss Europa etwas entgegensetzen und einen verlässlichen Rechtsrahmen einfordern. An die deutsche Verlegerschaft gerichtet, forderte Burda mehr Gemeinsamkeit ein: "Wir müssen kooperieren, anstelle gegenseitig auf Konfrontation zu gehen angesichts Google und Co. und des Duopols ARD/ZDF. Schließlich ist der digitale Markt Umsatztreiber und wichtiges Geschäft für die deutschen Verlagshäuser. Mit Blick auf Brüssel warnte er davor, dass auch den Zeitschriftenverlegern erlaubt sein muss, Daten ihrer Leser weiterhin beispielsweise für adressierte Leserwerbung zu nutzen.

Dass es durchaus Sinn machen kann, auch weiterhin auf guten Print-Journalismus zu setzen, zeigt die vom VDZ initiierte neue Allensbach-Studie (Repräsentativbefragung), die die Geschäftsführerin des Institutes für Demoskopie, Professor Dr. Renate Köcher, vorstellte. Aber gleich im ersten Satz ihres Vortrages fordert sie von den Verlegern im Saal: "Die Stimmung ist gut, ja das stimmt! Aber mir ist sie nicht gut genug!" Und dass die Verleger und Journalisten durchaus nicht mit einer Grabesmiene durchs Land gehen müssten, zeigen die Ergebnisse der Studie: "Printmedien haben für die Bundesbürger nach wie vor eine herausragende Bedeutung!" Zeitschriften und Tageszeitungen gelten bei 85 Prozent der Bevölkerung (ab 16 Jahren) als besonders zuverlässige und glaubwürdige Informationsquellen. Und noch etwas zeigt die Studie: Die Bundesbürger hätten gern mehr Zeit für Zeitschriften (28 Prozent der Befragten). Beim Lesen von Texten sieht es noch besser für die Zeitschriften aus. 73 Prozent der Befragten sagen, dass sie längere Texte lieber (!) auf Papier lesen als digital. Wenn das nicht Mut macht! Für Stephan Scherzer, VDZ-Hauptgeschäftsführer ist damit klar: "Wenn es um Vertrauenswürdigkeit, Themenkompetenz und journalistische Qualität geht, sind Printmedien führend." Er forderte zu einer positiven Selbstdarstellung der Branche auf.

Der Reigen der Expertenrunden eröffnete die Podiumsdiskussion "View from the top". Dass selten mehr Bewegung in der Medienlandschaft war als heute, können Dr. Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender Axel Springer), Julia Jäkel (Vorstandsvorsitzende Gruner & Jahr), Professor Dr. Renate Köcher (Geschäftsführerin, Institut für Demoskopie Allensbach) und Philipp Welte (Zeitschriftenvorstand, Burda) nur bestätigen. Dabei stellte Dr. Mathias Döpfner fest: "Wir reden zu viel über Technik, Marketing und Vertrieb. Wer redet eigentlich über Inhalte?" Und Julia Jäkel ergänzte: "Egal, ob Print oder im Netz, das A und O ist, dass man tolle Geschichten schreibt und schreiben kann. Nur dann sind Zeitschriften so gut, wie wir sie haben wollen!" Das dabei die Verlage, aber auch die Journalisten, die in den letzten Jahren an den Tag gelegte und teilweise auch gelebte Larmoyanz endlich ablegen sollen, forderte Philipp Welte. "Es geht doch nicht, dass wir, wie es ein Berliner Sprichwort sagt, ständig nach dem Motto verfahren: Ran an den Sarg und mitgeweint." Der Markt lebt und siecht nicht vor sich hin. Das beweisen die Zahlen und Fakten für Print und Online.

Und zum ersten Mal zeigte sich, dass die Branche sich wieder auf Inhalte konzentriert. Döpfner: "Zehn Jahre lang haben wir nur über Technik geredet und nicht über Inhalte." Und plötzlich erkennen die Verleger, dass Technik nicht Inhalte ersetzt. Das ist DIE zentrale Botschaft des diesjährigen Publishers' Summit. Warum sonst will ein Versandhaus wie Amazon plötzlich Verlag werden? Die deutschen Verleger haben, so die Runde, den Gen-Code, erfolgreiche Verleger zu sein. Alle mahnten aber in Richtung EU und deutscher Politik: Wir müssen die Marktmacht von Google und Co. begrenzen, denn das was Google macht, ist nach Ansicht der Verleger ein Angriff auf die Freiheit. Und: Die Steuerbegünstigung für Google muss fallen!

Wie sehr inzwischen beim Marken-Image Digital und Print miteinander erfolgreich verwoben sind, zeigte Dr. Bruno Sälzer, CEO Escada. Das Image der Marke bildet sich zumindest in seinem Branchensegment zunehmend digital. Noch immer sind Printanzeigen die Garantie für einen maßgeblichen Anteil am Umsatz des Unternehmens. Aber mehr und mehr muss das im digitalen Bewegtbild den Kunden vermittelt werden, was als Image aus dem Standbild Anzeige entstanden ist.

Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender EDEKA, hatte gleich mehrere erfreuliche Meldungen für die deutschen Verleger. Für den Lebensmittelkonzern spielen Publikumszeitschriften in Sachen Imagebildung eine entscheidende Rolle. "Und wir werden im kommenden Jahr mehr auf Print setzen und weniger auf Online!" Außerdem legte er dar, wie bedeutsam das Zeitschriftensortiment im stationären Einzelhandel als Umsatzträger ist.

Die zweite wichtige Botschaft des diesjährigen Kongresses betrifft den Bereich Werbung. Um einer immer stärker werdenden Marktfragmentierung entgegen zu wirken, wollen Burda, Axel Springer, Gruner & Jahr und der Bauer Verlag den Standard für Markt-/Media-Daten vereinheitlichen. Nur so lässt sich effizient planen. Ein Beispiel dafür sind die Erkenntnisse aus Großstudien wie B4P Best for Planning. Weg von der Pastorenrolle beschreibt es wohl am besten, was sich zurzeit auf dem Gebiet der Nutzung von Marktdaten entwickelt. Arne Bergmann (Managing Director Marketing, Axel Springer) will nicht von der Kanzel predigen, sondern zuhören und die "Gemeinde" abholen, um die Werbewirksamkeit zu erhöhen. Denn, wissen wie Deutschland lebt, macht auch Verlage erfolgreicher. Dabei spielen Smartphones und Tablets eine immer größer werdende Rolle. Nicht nur um im Netz zu surfen, zu spielen, sondern um via mobilem Endgerät einzukaufen. Dafür liefert Big Data die notwendigen Informationen. Die "Spielzeit" ist vorbei, jetzt müssen die Anbieter auch Geld verdienen.

Die Idee, das europäische Vorzeigeunternehmen Airbus auf der Publishers' Night mit der Goldenen Victoria für die europäische Idee auszuzeichnen, ist für Hubert Burda eine Initialzündung, dass die deutschen Verleger auf der europäischen Ebene etwas Ähnliches schaffen müssen. Es müsse gelingen, eine europäische Front gegen die US-Datensammler zu etablieren. "Auch uns muss erlaubt sein, mit den gesammelten Daten maßgeschneiderte Produkte für unsere Kunden zu entwickeln. Warum soll uns verboten bleiben, was andere tun dürfen?"

Für eine enorme emotionale Aufladung sorgte das Zwiegespräch zwischen der Stern-Redakteurin Nina Plonka und der mexikanischen Journalistin Ana Lilia Pérez. Allen Gästen wurde deutlich, welch besonderes Gut die Freiheit der Presse und Meinungsäußerung in einem Land ist. Diese ausüben zu können, ohne persönlich einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt zu sein, konnte sich hier wohl kaum jemand vorstellen. Für Frau Pérez ist die Ausübung ihres Berufs nicht nur eine Tätigkeit, sondern Berufung und eine Lebensform, die für sie den Wert ihrer Existenz definiert.

Für die abschließende Runde der Chefredakteure mit Wolfgang Büchner (Spiegel), Giovanni di Lorenzo (Die Zeit), Jan-Eric Peters (Welt-Gruppe), Jörg Quoos (Focus) und Dr. Dominik Wichmann (Stern) stehen Inhalte, Qualität, journalistischer Mut im Vordergrund, wenn es gilt, am Markt zu überleben. "Wir machen Marken", so Stern-Chef Wichmann. Und aus diesem Grund müssen die Inhalte das Wertvollste für Print sein. Der neue Spiegel-Chef Büchner warnte davor, Titel  anhand von Netz-Klick-Rankings  zu planen. Als einen Gradmesser der journalistischen Qualität der Zeitschriften zog Focus-Chef Quoos unter anderem das Media Tenor Zitate-Ranking heran: "Wir erzielen mit unseren Themen erheblich mehr Relevanz und Aufmerksamkeit als es die geballte Recherchekraft der vielen tausend öffentlichen-rechtlichen Mitarbeiter vermögen!"

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