Presseverleger sehen Mängel im neuen EU-Datenschutz
Die Verbände der Zeitschriften- und Zeitungsverleger VDZ und BDZV sehen in der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung, die heute vom EU-Parlament in Straßburg endgültig gebilligt werden soll, erhebliche Risiken für die wirtschaftliche und publizistische Freiheit der periodischen Presse in ganz Europa.
Zwar hätten sich Vorschläge für noch weitergehende Datenverarbeitungsverbote nicht durchsetzen können. Dennoch sei auch mit dem nunmehr erzielten Kompromiss die notwendige Balance zwischen freier Datenverarbeitung und sinnvollem Datenschutz zu Lasten der Datenverarbeitung in Gefahr. Insbesondere würden relativ klare Rechtsgrundlagen durch schwammige Generalklauseln ersetzt. Diese unbestimmten Normen räumten den Datenschutzbehörden faktisch die Macht ein, über die Zukunft bislang gesetzlich abgesicherter und unverzichtbarer Geschäftsmodelle zu entscheiden.
"Eine restriktive Auslegung des neuen Rechts könnte die adressierte Leserwerbung, den Frei- und Wechselversand der Fachpresse, die interessenbasierte Online-Werbung und wichtige Bereiche des E-Commerce weitgehend beschneiden", erklärten die Sprecher von BDZV und VDZ: "Es ist bedauerlich, dass man in vier Jahren intensiver Verhandlungen keine rechtssicheren und zukunftsfähigen Grundlagen gefunden hat."
Hinzu kämen unübersichtliche und überbordende Informations- und Begründungspflichten, die häufig kaum zum Datenschutz beitragen dürften, aber bislang zulässige Geschäftsmodelle weiter belasten werden.
Schließlich laufe das neue Recht mit seiner Tendenz zur Erschwerung gewerblicher Datenverarbeitung auf Opt-Out-Basis Gefahr, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gegenüber den digitalen Plattformgiganten weiter zu verschlechtern. Ungezählte europäische Unternehmen unter Einschluss der Verleger sind insbesondere im Internet auf die nun weiter beschränkte Datenverarbeitung auf Opt-Out-Basis angewiesen. Demgegenüber erhalten Plattformunternehmen wie Google, Facebook, Amazon & Co. aufgrund ihrer Millionen Log-Ins genügend personenbezogene Daten auf Einwilligungsbasis und können auf diesem Wege auch nach neuem Recht Daten vergleichsweise frei verarbeiten. Die rechtliche Unsicherheit bei der Opt-Out Datenverarbeitung berührt diese Plattformunternehmen daher so gut wie gar nicht.
Enttäuscht zeigen sich die Verleger von der Klausel in der Verordnung, die die journalistische Datenverarbeitung von der Beschaffung personenbezogener Informationen bis zur Veröffentlichung personenbezogener Artikel von den Beschränkungen des Datenschutzrechts ausnehmen soll. Denn diese Klausel ist – anders als der Rest der Verordnung – nicht unmittelbar anwendbar und schafft damit auch keinen unmittelbaren Schutz der Journalisten. Stattdessen müssen die Mitgliedsstaaten nun erst neue Gesetze zum Schutz der Redaktionen erlassen und dürften dabei vielfach versucht sein, eine Inhaltskontrolle per Datenschutzrecht einzuführen oder zu intensivieren.
"Europa schreitet bei der Intensivierung des Datenschutzes voran, lässt aber den damit nötigen Schutz der Pressefreiheit auf dem Stand von 1995 zurück", erklärten VDZ und BDZV: "Wer sich an den Streit um die heute in Deutschland geltende Schutzklausel des § 41 BDSG erinnert, weiß genau, dass selbst die deutsche Politik versucht sein kann, im Zuge der nun nötigen neuen Gesetze die Pressefreiheit auf dem Umweg des Datenschutzrechts anzutasten. Wir appellieren an Bund und Länder, im engen Austausch mit Presseverlegern und Journalisten robuste und umfassende Ausnahmen einzuführen, die keinesfalls hinter dem heute geltenden Schutz zurückbleiben dürfen."