Schluss mit der Jammerei!
Ich will es gleich am Anfang laut sagen: Es ist großartig, Chefredakteur zu sein! Es macht Spaß! Es ist der geilste Job der Welt! So. Das war jetzt mal notwendig. Das Rumgejammer der Branche ist unerträglich, seit die Kollegen Dominik Wichmann und Jörg Quoos nach Hause geschickt wurden und Wolfgang Büchner als DER SPIEGEL-Chef quasi auf Bewährung amtiert.
Jetzt werden die Verlage kritisiert, weil sie sich nicht von der fixen Idee lösen wollen, aus dem, was wir Journalisten gut können (Geschichten erzählen), das zu machen, was sie gut können: Geld verdienen. Und dann ist da ja noch dieses furchtbare "Neuland" und überhaupt war früher alles viel besser (nur vorsichtshalber: Das war Ironie!).
Ja, es ist nicht mehr der Job, wie wir ihn als Kinder in "Lou Grant" im TV sahen. Ja, die Aufgaben sind anspruchsvoll und man muss den Verlag ein bisschen auf Abstand halten, damit man noch Zeit zum Blattmachen hat. Wir Redaktionschefs sollen auch etwas von Führung verstehen. Diesbezüglich an sich zu arbeiten, kostet ebenfalls Zeit und Energie. Stimmt alles. Aber ich bin glücklich darüber, dass Chefredakteure heute nicht mehr deshalb Helden sind, weil sie mal eine Schreibmaschine aus dem Fenster geworfen haben, mit dem System "Jeden Tag einen hängen, dann hat die Truppe Respekt" agieren oder sonst welche Marotten haben.
Wir Journalisten müssen aufhören, die Schuld bei anderen zu suchen, und endlich das Jammern einstellen. Das Abendland geht nicht unter, weil zwei tolle Chefredakteure (leider!) ihren Job verloren haben.
Eigentlich hat unser Beruf nur drei Gegner:
Selbstverliebtheit
Wer sich vor allem mit sich selbst und den Problemen der Branche beschäftigt, hat kein Ohr mehr für andere. Und wer nicht zuhört, liefert mittelmäßige Geschichten ab. Und mittelmäßiger Journalismus bringt uns um. Jede Wette.
Marktforschung
Wer sich auf die Marktforschung verlässt, kann seinen Job auch gleich beim Verlagsleiter abgeben. Marktforschung ist nicht die Lösung, Marktforschung ist das Problem. Wenn die Mafologen wüssten, was Menschen lesen wollen, dann hätten wir alle galoppierende Auflagen. Ist aber nicht so. Die besten Geschichten sind die, die den Journalisten brennend interessieren. Nur Leidenschaft kann Exzellenz schaffen. Sätze wie "Das will der Leser aber" gehören verboten.
Masochismus
Woher kommt bloß diese vermaledeite Lust, den eigenen Untergang herbeizuschreiben? Bitte endlich wieder mehr Selbstbewusstsein! Wenn der Journalismus überleben soll, dann müssen Journalisten aufhören, sich kleinzumachen. Kleinmachen macht schlechte Laune. Schlecht gelaunte Chefs haben schlecht gelaunte Mitarbeiter. Schlecht gelaunte Journalisten machen schlecht gelaunte Geschichten. Und dass dafür dann keiner Geld bezahlen will, ist nicht so rasend überraschend.
Es ist immer noch so, dass die Zeitungen, Zeitschriften, Homepages am besten funktionieren, die die besten Geschichten erzählen. Konzentrieren wir uns darauf! Macht eh mehr Spaß.
Marion Horn
Chefredakteurin von BILD am Sonntag
Erschienen in PRINT&more 3/2014:
In <link fileadmin vdz_de user_upload download presse printmore_3-14_marion_horn.pdf file>Medien&Meinung" kommen regelmäßig Chefredakteure und profilierte Medienjournalisten zu wichtigen Themen der Zeitschriftenbranche zu Wort.