„Starke Verbände können nur dort gedeihen, wo es starke Mitglieder gibt"
Vor 70 Jahren schlossen sich die Zeitschriftenverleger im Südwesten der noch jungen Bundesrepublik zum Südwestdeutschen Zeitschriftenverlegerverband (SZV) zusammen. Mag damals die wiedererlangte Presse- und unternehmerische Freiheit den Grundstein für verlegerisches Wirken gelegt haben, so liegen die publizistischen Wurzeln doch weiter zurück: Mit seinen vier Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland spiegelt das Wirkungsgebiet des SZV deutsche Landstriche wider, in denen die Erfindung des Buchdrucks, der Geist des Hambacher Festes, die Paulskirchenverfassung oder der europäische Gedanke beheimatet sind.
In einer Zeit, in der die großen Herausforderungen Transformation, Leistungsschutzrecht – und ganz aktuell – Covid-19 heißen, um nur ein paar wenige zu nennen, mögen derartige historische Bezüge den Charakter des Anekdotischen besitzen. Gleichwohl prägen sie den Verband und seine über 100 Mitglieder bis heute, wenn auch vielleicht eher unbewusst. Schließlich bestimmen aktuelle Themen die Agenda der Medienhäuser. Dabei ist die Art und Weise, wie kleine, mittelständische und große Verlage im größten Landesverband des VDZ zusammenarbeiten, eine Blaupause für eine erfolgreiche Verbandstätigkeit, die nun in ihr achtes Jahrzehnt geht.
Und seien wir ehrlich: Die Idee der liberalen Demokratie, zu der unauflöslich auch das Grundrecht der Pressefreiheit zählt, mag mittlerweile fest in Deutschland verankert sein – die Feinde der offenen Gesellschaft sind jedoch leider nicht weniger geworden. Das Gegenteil ist der Fall. In Zeiten wirtschaftlichen und technologischen Umbruchs ist ein schlagkräftiger Verband nicht nur ein Interessenvertreter, sondern zugleich ein Schutzraum, der verlegerisches Wirken und publizistische Vielfalt gewährleistet und – da wo gefährdet – auch die notwendigen Rahmenbedingungen für Kontinuität einfordert. Starke Verbände können nur dort gedeihen, wo es starke Mitglieder gibt und umgekehrt.
Besonders bei den aktuellen Herausforderungen wie beispielsweise im Europäischen Urheberrecht kommt es darauf an, den politischen Akteuren in Berlin und Brüssel gemeinsam und in der Sache einig zu vermitteln, dass der Schutz geistigen Eigentums nicht nur Grundlage für die publizistische Freiheit, sondern ein europäischer Wert eigenen Ranges ist. Die Zeitschriftenverlage benötigen faire Rahmenbedingungen im Wettbewerb mit den großen Plattformbetreibern, um ihre Innovationskraft auch voll entfalten zu können. Diese sind nicht nur unter verlegerischen Aspekten bedeutsam. In einer Region, die wie wenige andere in Europa durch Erfinder- und Gründergeist geprägt ist, braucht es starke Medienhäuser, die die Gesellschaft durch Informationsvermittlung und Wissenstransfers beflügeln.
In diesem Sinne ist es auch ein Verdienst des SZV, dass es ihm immer wieder gelungen ist, beeindruckende Verlegerpersönlichkeiten aus seinen Reihen für die wirtschafts-, medien- und tarifpolitischen Aufgaben des Verbands zu gewinnen und einzubinden. Dazu zählt natürlich auch der amtierende SZV-Vorsitzende Detlef Koenig. Mit ihm, seiner verlegerischen Expertise und der Erfahrung aus der Zeit als Vorsitzender des Zeitschriftenverlegerverbandes in Nordrhein-Westfalen (VZVNRW), verfügt der SZV über das erforderliche Rüstzeug, das erfolgreiche Verbände in Zeiten des permanenten Wandels dringend benötigen. Dem gesamten Team des SZV und allen seinen Mitgliedern gratuliere ich im Namen des VDZ und persönlich sehr herzlich zum runden Jubiläum. Mit meinen herzlichen Grüßen verbinde ich den festen Wunsch, dass Pressefreiheit und nternehmerischer Erfolg auch in Zukunft die Basis für unser gemeinsames erfolgreiches Wirken sein mögen.
Ihr Dr. Rudolf Thiemann