Umsatzsteuerprobleme bei Distributionsleistungen
Einige Mitglieder des VDZ könnten aus eigener Erfahrung berichten: Die umsatzsteuerliche Behandlung von Distributionsleistungen – 7 oder 19 Prozent Umsatzsteuer – war nicht einheitlich und bereitete deshalb Sorgen. Hier konnte der VDZ nun Rechtsklarheit erreichen.
Problemstellung
Viele deutsche Verlage werden von Kammern, Verbänden, Vereinen etc. beauftragt, Druckerzeugnisse herzustellen und diese an die Mitglieder ihrer Kunden zu transportieren. Die Lieferung der Druckerzeugnisse (Herstellung des Printprodukts und Übereignung an den Abnehmer) sowie die Dienstleistung des Transports wurden seitens der Verlage umsatzsteuerlich bisher in der Regel als einheitliche Leistung mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent Umsatzsteuer abgerechnet. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom 11. Juli 2012 (Az.: XI R 11/11) ausgeführt, dass die Versandkosten neben der Herstellung einer Zeitschrift notwendiger Bestandteil für die Erbringung der einheitlichen vertraglichen Leistung eines Verlags gegenüber seinem Leistungsempfänger seien. Entgegen dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung vertrat eine Länderfinanzverwaltung die Auffassung, ebendiese beiden Leistungselemente seien umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilen. Deshalb unterwarf das Finanzamt die Leistungen eines Verlagshauses einer getrennten Besteuerung: 7 Prozent für die Herstellung der Zeitschrift, 19 Prozent für die Distribution. Zur Begründung berief man sich auf nicht veröffentlichte Verfügungen.
Gravierende finanzielle Nachteile für Steuerpflichtige drohten Diese umsatzsteuerliche Behandlung hätte für den Verlag gravierende finanzielle Folgen, weil die zusätzliche Umsatzsteuer nicht auf den Kunden überwälzbar gewesen wäre. Sollte die Auffassung Schule machen, so wären eine Vielzahl an Mitgliedern betroffen. Mit fachlicher Unterstützung der auf Umsatzsteuer spezialisierten AWB Steuerberatungsgesellschaft mbH mit Sitz in Münster, München und Hamburg (AWB) nahm sich der VDZ der Thematik an und wandte sich an das Landesfinanzministerium.
Rechtliche Fragestellung: Verschiedene Leistungselemente einheitlich besteuern?
Die rechtliche Fragestellung ist schnell präzisiert. Grundsätzlich ist jede Leistung (Warenlieferung oder Dienstleistung) separat zu würdigen. Um jedoch einheitliche Lebenssachverhalte nicht künstlich für Zwecke der Umsatzbesteuerung aufzuspalten, ist es in zwei Fallgruppen anerkannt, dass verschiedene Leistungselemente umsatzsteuerlich einheitlich zu würdigen sind. Wenn eines der beiden Leistungselemente das andere im Sinne einer Haupt- und einer Nebenleistung dominiert oder wenn die beiden Leistungselemente wirtschaftlich untrennbar sind, wird eine gemeinsame Beurteilung der Leistungselemente anerkannt. Dies kann weitreichende Folgen haben, etwa wenn ein Leistungselement, wie hier die Distributionsleistung, wegen der Nähe zu dem anderen Leistungselement statt dem Regelsteuersatz (19 Prozent) dem ermäßigten Steuersatz (7 Prozent) unterworfen wird.
Auffassung des VDZ
Der VDZ vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Distributionsleistung im konkreten Fall um eine Nebenleistung zur Herstellung des Printprodukts handelt. Dabei argumentierte der VDZ mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vor allem aus Sicht des Kunden, der über den Erhalt des Printprodukts hinaus kein eigenes Interesse an der Distributionsleistung habe. Zudem war dem BFH-Urteil von 2012 bereits diese Aussage zu entnehmen.
Die Mühlen der Verwaltung … mahlen schnell!
Die Eingabe wurde rechtzeitig platziert und die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben sich darauf verständigt, dem oben genannten Urteil des BFH Geltung zu verschaffen und Distributionsleistungen damit dem Steuersatz von 7 Prozent zu unterwerfen. Die Entscheidung ist daraufhin im Bundessteuerblatt vom 26. Februar 2018, Teil II, Seite 146, veröffentlicht worden und erlangt damit allgemeine Geltung. Von dieser Entscheidung profitieren weitere Verbandsmitglieder mit ähnlich gelagerten Fällen. Durch eine einheitliche Handhabung, welche nun zu erwarten ist, kann es ihnen erspart bleiben, behördlichen oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu müssen. Zugleich existiert aber eine Vielzahl an Distributionsmodellen, welche umsatzsteuerlich durchdacht und korrekt abgewickelt werden müssen. Die nächste Gelegenheit zum Austausch dazu besteht beim 6. VDZ Umsatzsteuertag in Berlin am 13. September 2018.
Autoren: Dirk Platte und Dr. Carsten Höink