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„Wir stellen uns für die Zukunft auf“

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Im Interview mit MVFP impuls erklärt Marion Winkenbach, wie sich der ehemalige Beuth-Verlag zum 100-jährigen Jubiläum für die Zukunft aufstellt und was ihr das ehrenamtliche Engagement für die MVFP und die Deutsche Fachpresse bedeutet.

Marion Winkenbach im Interview mit MVFP impuls

MVFP impuls | Frau Winkenbach, der Beuth Verlag wurde 1924 gegründet und zählt heute – unter dem neuen Namen DIN Media – zu den führenden Fachverlagen. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für diese lange Erfolgsgeschichte?
Marion Winkenbach | Das liegt meiner Meinung nach an einer konsequenten Kundenorientierung von Beginn an. Schon zur Verlagsgründung vor 100 Jahren ging es darum, wie sich die Partner aus Wirtschaft und Industrie durch unsere Informationen bestmöglich unterstützen lassen. Ich denke, diese Unterstützung ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelungen, denn wir waren immer am Puls der Zeit und haben die jeweils verfügbaren technischen Möglichkeiten genutzt. Das waren beispielsweise Angebote wie ein Lochkarten-Abonnement Anfang der 1970er-Jahre, der Umstieg auf EDV-Systeme in den Jahren danach oder 1996 mit einer Online-Datenbank, in der man alle aktuellen DIN-Normen und VDI-Richtlinien recherchieren und bestellen kann. Nach dem Aufbau eines renommierten Verlagsprogramms starteten wir ins neue Jahrtausend mit den ersten Produkten unseres Softwareangebots. Und heute arbeiten wir an Technologien wie SMART Standards, kundenprozessintegrierten Normenmanagementlösungen und nutzerorientierten Abo-Modellen, über die sich unsere Kundinnen und Kunden ihr individuelles Normenportfolio aus dem DIN-Regelwerk selbst kongurieren können.

Aus dem Beuth Verlag wird nach 100 Jahren DIN Media: Was waren die Gründe für den Namenswechsel?
Kurz gesagt: Wir stellen uns mit dem neuen Namen für die Zukunft auf. Er schärft unser Profil nach außen, was aufgrund unserer zunehmend internationalen Ausrichtung sehr wichtig ist. Zugleich betont der Name „DIN Media“ unsere gemeinsame Identität innerhalb der DIN-Gruppe, denn der Beuth Verlag und DIN gehören seit jeher zusammen. Deshalb war das 100. Verlagsjubiläum nun genau der richtige Anlass, diese Verbundenheit mit der Umbenennung sichtbar nach außen und innen auszudrücken. Das bringt auch unser interner Leitspruch #ZusammenWachsen auf den Punkt: Wir sind Teil der DIN-Gruppe und nutzen gemeinsam alle Potenziale unserer Wertschöpfungskette zum Nutzen unserer Stakeholder.

DIN Media ist ein Teil der DIN-Gruppe und hat damit unter den Fachverlagen sicherlich eine Art Alleinstellungsmerkmal. Was ist die DIN-DNA und was bedeutet sie für Ihren Arbeitsalltag?
Teil der DIN-DNA war es schon immer, Zukunftsfelder zu erschließen, denn schließlich schaffen Normen und Standards Vertrauen in neue Produkte, Prozesse und Technologien. Dieses Selbstverständnis bedeutet für uns aktuell, den digitalen und grünen Wandel mitzugestalten. Das ermöglicht DIN als unabhängige Plattform gemeinsam mit den Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft, die am Normungsprozess beteiligt sind. Für unseren Arbeitsalltag bei DIN Media heißt das, Normen und Standards leicht zugänglich und einfach anwendbar zu machen, stets aktuell zu halten und eine hohe Qualität sicherzustellen. Digitale Angebote leisten in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zur Anwendung unserer Regelwerksinhalte, das spiegelt auch unsere Transformation vom klassischen Verlag zum multimedialen Content-, Daten und Softwareanbieter wider.

KI ist aktuell das beherrschende Thema, nicht nur in der Verlagswelt. Wo setzen Sie bereits auf KI und welche Anwendungsbereiche sehen Sie in der Zukunft?
Da gibt es durchaus Anwendungsbereiche, nur ein Beispiel: Viele Normenanwenderinnen und -anwender beschäftigt, wie sie möglichst schnell an Informationen aus Normen gelangen, die für ihren Anwendungsbereich relevant sind. Bisher hat diese Suche nach Informationen relativ hohen Aufwand verursacht. Die Norm wurde schlicht gelesen und infrage kommende Textstellen manuell markiert. Mit KI geht das deutlich schneller, in dem Fall mit speziellen NLP-Sprachmodellen, die insbesondere auf Regelwerksdaten trainiert sind. Dazu müssen Normen als XML-Datei verfügbar sein. Die gewünschten Informationen lassen sich so in einem Bruchteil der bisherigen Zeit identizieren, extrahieren und weiterverwenden. Wir testen darüber hinaus aber auch, ob Technologien wie ChatGPT unseren Kundinnen und Kunden dabei helfen können, effizienter in Normen zu recherchieren.

Blickt man in die Zukunft, kann ich mir viele weitere KI-Anwendungsbereiche vorstellen, wenn es darum geht, Normendaten bereitzustellen – und zwar branchenübergreifend an etlichen Stellen der Wertschöpfung, beispielsweise in der Konformitätsprüfung, beim digitalen Bauen mit BIM oder bei der Planung und Konstruktion.

Wo sehen Sie DIN Media in zehn oder in 50 Jahren?
DIN Media wird in zehn Jahren als multimedialer Content-, Daten- und Softwareanbieter weiterhin erste Anlaufstelle für Normenanwenderinnen und -anwender sein. Ich bin mir sicher, dass wir unseren Stakeholdern auch künftig einen echten Mehrwert bieten und ihre tägliche Arbeit erleichtern werden. Innovative Technologien wie SMART Standards, ein umfassender Service rund um Normen und Standards und die Vernetzung mit rechtsrelevanten Inhalten werden dazu beitragen – in neuen Formaten und Services sicher auch noch in 50 Jahren!

Vor Kurzem fällte der EuGH ein Urteil, dass Normen als Teil des Unionsrechts frei zugänglich sein müssen – was bedeutet das für Ihr Geschäftsmodell?
Wichtig an dem Urteil ist, dass es den urheberrechtlichen Schutz von harmonisierten Normen nicht infrage stellt – und damit auch nicht das etablierte und seit Jahrzehnten gut funktionierende europäische Normungssystem. Der EuGH bestätigt, dass auch harmonisierte Europäische Normen von privatrechtlichen Normungsorganisationen erstellt werden und ihre Anwendung freiwillig ist. Die Aussage „Teil des Unionsrechts“ bedeutet unserer Ansicht nach daher nicht, dass harmonisierte Europäische Normen mit dem sonstigen EU-Recht, wie Richtlinien oder Verordnungen, gleichzusetzen wären. Die privatwirtschaftlich organisierte Normung ist ein Erfolgsmodell und das europäische Normungssystem elementar für die technologische Souveränität Europas. Als DIN-Gruppe werden wir dieses Erfolgsmodell daher weiter stärken und entwickeln.

Sie sind dem MVFP in vielfacher Weise verbunden – als stellvertretende Sprecherin der Deutschen Fachpresse, als Delegierte, im MVFP Berlin-Brandenburg oder als Referentin der MVFP Akademie. Wieso ist Ihnen die Mitarbeit beim MVFP so wichtig?
Eine freie Presse und Meinungsvielfalt sind elementar für eine funktionierende Demokratie, für das Miteinander und die Konsensbildung – ganz ähnlich wie im Normungsprozess bei DIN. Dazu möchte ich über das Engagement beim MVFP beitragen. Unsere Meinungs- und Publikationsfreiheit zu bewahren, finde ich heute besonders wichtig, weil viele Demokratien derzeit unter Druck stehen und sich bewähren müssen. Dazu bedarf es eines Miteinanders möglichst vieler Branchenbeteiligter, die sich gemeinsam für diese Belange gesellschaftlich und gegenüber der Politik engagieren.

 

DIN Media wurde 1924 als Beuth Verlag in Berlin gegründet und im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung mit Fokus auf digitale Anwendungen zum 100-jährigen Jubiläum im April 2024 umbenannt. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des Deutschen Instituts für Normung e. V. (DIN) und vertreibt nationale und internationale Normen, Standards sowie technische Regeln wie das DWA-Regelwerk oder die VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und fördert deren praktische Anwendung durch Fachinformationsangebote, z. B. mit der Zeitschrift »VOB aktuell«. Darüber hinaus gehören Softwarelösungen und Dienstleistungen rund um das Normenmanagement, digitale Fachinhalte sowie Weiterbildung für verschiedene Branchen zum Portfolio der DIN Media GmbH. Mit einem Umsatz von über 85,8 Millionen Euro, davon über 68 Prozent mit digitalen Produkten, rangiert die DIN Media GmbH auf Platz 13 der größten Fachverlage in Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt 222 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

 

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