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„Beraten, informieren, bilden, verhandeln, vernetzen und helfen“

Bericht der Jahrestagung des südwestdeutschen Zeitschriftenverleger-Verbandes

SZV-Vorsitzender Werner Neunzig

Seine Jahrestagung 2011 am 20. Oktober in Wiesbaden hatte der SZV unter das Motto „Glück kann man lernen“ gestellt. Neben diesem übergeordneten Thema standen aktuelle Fragen der Zeitschriftenbranche im Vordergrund, hier ganz besonders die – nicht nur von Schwaben gestellte – Frage nach der richtigen Preisstrategie.

Alles andere als unglücklich ist die Bilanz des ersten Amtsjahres von Werner Neunzig als Vorsitzender an der Spitze des SZV. Der Verband hat seine Leistungen für die Mitgliedsverlage weiter ausgebaut: „Wenn man die Tätigkeit des SZV in einem Satz beschreiben müsste, könnte er lauten: Wir beraten, informieren, bilden, verhandeln, vernetzen und helfen.“ Dies wird nicht zuletzt mit einem Mitgliederzuwachs honoriert. Dabei will der SZV noch mehr als bisher auf die kleinen Mitgliedsverlage zugehen.

Wie notwendig das Zusammenwirken von SZV und VDZ ist, machte Neunzig anhand von acht Themenfeldern deutlich, die die Verlage aktuell besonders beschäftigen.

  1. Die Auswirkung der Digitalisierung und die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle.

    In diesem Zusammenhang betonte Neunzig die Rolle des SZV als Plattform, die sowohl der Wissensvermittlung diene als auch Anschauungsmaterial aus der Praxis sowie Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch liefere. Dies spiegele sich etwa in der Gründung des „Erfahrungsaustauschkreises Digitalisierung im Verlag“. Neunzig betonte hier auch das Wirken des VDZ, der mit seinen Studien, seinen White Papers, seinen Verlegerreisen und Expertenforen sowie dem Digital Innovators` Summit hervorragende Angebote für die Verlage bereithalte.

  2. Die Nachwuchsförderung und die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter, insbesondere für verkaufsaktive Geschäftsbereiche, also Anzeigenverkauf und Vertrieb.

    Werner Neunzig plädierte dafür, die Verlagsbranche vor allem durch die Darstellung einer Palette an interessanten Berufsbildern als Arbeitgeber wieder attraktiver zu machen.

  3. Gattungsmarketing pro Print und pro Qualität in Print.

    „Nur wenn wir“, so Neunzig, „selbst an die Zukunft unseres Mediums Print glauben und dies auch glaubwürdig kommunizieren, können wir bei jungen Menschen und beim Führungsnachwuchs Begeisterung wecken“.

  4. Europäische Gesetzgebung mit zunehmenden Restriktionen für Verlage bei Werbung, Abogewinnung und Datenschutz.

    Dies sei ein Dauerbrenner und beschäftige insbesondere den VDZ. Rund 80 Prozent der für Zeitschriftenverlage relevanten nationalen Gesetze hätten ihren Ursprung in der europäischen Gesetzgebung. Er forderte die Verlage auf, Politikern mit eigenen Fällen anschaulich zu erklären, wie sich bestimmte Regelungsvorgaben negativ auf die Funktion eines Verlages auswirken könnten.

  5. Sicherung des Presse-Grosso-Vertriebs-Systems.

    Neunzig schilderte die Hintergründe und Auswirkungen, die zwei aktuell anhängige Klagen des Heinrich Bauer Verlags auf das deutsche Pressevertriebssystem haben könnten. Der SZV trete dafür ein, dass beim Kampf um die begrenzte Regalfläche im Einzelhandel die Pressevielfalt erhalten bleibe. Bei allen unterschiedlichen Interessen von Massentiteln einerseits und Titeln mit kleinerer Auflage andererseits müsse allen Zeitschriften ein freier und unbegrenzter Marktzugang möglich sein. Das gelinge nur mit einem neutralen und unabhängigen Vertriebssystem.

  6. Wettbewerbsverzerrungen durch verlegerische Aktivitäten der öffentlichen Hand.

    Neunzig kritisierte hier ebenso die über den Versorgungsauftrag hinausgehenden Internetangebote und Gratis-Apps von ARD und ZDF wie auch die Publikationen von Ministerien und die „anzeigengesättigten Publikationen“ von Messegesellschaften.

  7. Erhalt des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Printmedien und Kombiprodukte sowie die Einführung reduzierter Mehrwertsteuersätze auch für digitale Medien.

    Neunzig begrüßte, dass der europäische Zeitschriftenverlegerverband mit der neuen Bezeichnung EMMA dieses Thema als eines seiner fünf Kernziele aufgenommen habe.

  8. Wettbewerbsverzerrungen durch das Mediabroking von Großagenturen, das sogenannte Trading.

    Der SZV-Vorsitzende kritisierte die Praxis, nach der Teile der Werbefläche mit Rabatten bis zu 70 Prozent über die Ladentheke gingen. Dies schade dem Produkt Zeitschrift insgesamt.


Für alle acht Problemkreise hat der SZV Vorstandspaten benannt, die Ansprechpartner auch für die Verlage sind.

Über die acht Punkte hinaus lag Neunzig ganz besonders das Thema Rabattschleuderei am Herzen „Es ist wenig hilfreich, wenn Verlage versuchen, sich in einem Rabattüberbietungswettbewerb zu bekämpfen. Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“ Unter dem Rabattwettbewerb leide die Werbeattraktivität und letztlich die Attraktivität der ganzen Branche. Rabattschleuderei schade auch dem Auftreten gegenüber der Politik. „Wie sollen wir glaubwürdig gegen Werbeverbote und Werberestriktionen kämpfen, wenn die Verlage freiwillig und ohne Not möglichen Werbeumsatz verschenken?“

Darin bestätigte ihn Dr. Florian Bauer, Vorstand der Vocatus AG und einer der profiliertesten Preis-Experten in Deutschland. Die Fixierung auf den Preis und die Prämien für Abo-Abschlüsse schadeten dem jeweiligen Titel, korrumpierten das Produkt und letztlich die gesamte Gattung Zeitschrift. Die vordergründige Thematisierung des Preises bei der Kundengewinnung treffe den Leser und Kunden nicht. Er verhalte sich eben nicht wie ein homo ökonomicus, sondern entscheide aufgrund subjektiver, relativer Kriterien, aufgrund von Gewohnheiten. Drei grundsätzliche Erkenntnisse stellte er in den Mittelpunkt: 1. Solide Preisforschung ist unverzichtbar, denn Preiserhöhungen nach Daumenregeln funktionieren nicht, 2. Verlage spielen eine deutlich aktivere Rolle bei der Gestaltung der Preissensitivität als sie vermuten, 3. Grundlage einer optimalen Preisstrategie ist immer ein fundiertes Verständnis der Rolle des Preises im Entscheidungs- und Nutzungsprozess.

Die Verlags-Apps seien eine neue Chance, auch beim Pricing alte Fehler zu vermeiden. Hier muss eine Preisbereitschaft bei den Usern entwickelt werden, eine „mentale Positionierung“ mit Referenzgrößen. Die Verlage sollten Apps nicht zu günstig anbieten und müssten Apps mit Produktkommunikation erklären.

Volker Zanetti, Mitinhaber von zanetti altstoetter & team, agentur für starke medien Berlin, ging auf ein weiteres Feld des Verkaufs ein. Unter dem Titel „Wie es gelingt, Crossmedia rentabel zu verkaufen“ schilderte er anhand spannender Verlagsfälle neue, ertragreichere Ansätze.

Glücksforscher Ernst Fritz-Schubert, Oberstudiendirektor, Therapeut und Buchautor, nahm die Verleger mit auf eine hochspannende Reise in die Geschichte des Glücks und zu neuen Wegen in eine Gesellschaft, die sich oft den Zugang zum Glück verstelle. Im Mittelpunkt der Vorstellungen Fritz-Schuberts stehen Würde, Anerkennung und Handlungsfähigkeit des Menschen. Viele Menschen heute erlebten sich als ausgeliefert, als hilflose Objekte. Denen setzt er eine Würdigungskultur entgegen. Menschen wollen nicht sein wie Fässer, die permanent gefüllt werden, sondern Akteure sein, handeln können. Er schilderte die positiven Wirkungen des Dreiklangs aus „Bewirken, Beachten, Bewältigen“. Er stellte eine Systematik der Motivation und des Antriebs für die Arbeitnehmer vor, zu viele von ihnen hätten innerlich gekündigt. Hilfestellungen verspricht sich Fritz-Schubert dabei auch von den Medien, insbesondere den Verlegern. „Zeitschriftenverleger sind verantwortlich, hier die Fackel zu entzünden. Sie können dazu beitragen, dass sich Menschen auf die Suche nach dem Glück machen.“

Als die Veranstaltung am Nachmittag des 20.10.2011 endete, hatte wohl jeder Teilnehmer das Gefühl, viele neue Impulse für seine verlegerische Tätigkeit bekommen zu haben – ein Ergebnis der sehr guten Vorbereitung und Planung durch die SZV-Geschäftsstelle. Dafür und für das gesamte Wirken im abgelaufenen Jahr dankte Werner Neunzig SZV-Geschäftsführer Wolfgang Haas, der in wenigen Wochen sein 30jähriges Dienstjubiläum für den SZV begehen kann, sowie den Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle. Er würdigte auch das Zusammenwirken mit dem VDZ. „Auch wenn uns manches nicht schmeckt, was uns die Politik schon eingebrockt hat, der VDZ konnte in vielen Fällen Schlimmeres verhindern“.  Insbesondere dankte Werner Neunzig dem scheidenden VDZ-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Fürstner für den stetigen Ausbau von Dienstleistungen des VDZ. „Der VDZ ist heute weltweit einer der angesehensten Medienverbände, dessen Stimme gehört wird.“

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