Bundeskartellamt prüft Apples Tracking-Regelungen für Dritt-Apps
Das Bundeskartellamt hat gegen das Technologieunternehmen Apple ein Verfahren zur kartellrechtlichen Prüfung seiner Tracking-Regelungen sowie des App Tracking Transparency Framework eingeleitet. Das Bundeskartellamt geht dabei insbesondere dem Anfangsverdacht nach, dass diese Regelungen Apples eigene Angebote bevorzugt behandeln und/oder andere Unternehmen behindern könnten.
Das App Tracking Transparency Framework wurde von Apple im April 2021 mit den Updates iOS 14.5, iPadOS 14.5 und tvOS 14.5 für Dritt-Apps eingeführt. Darin wird das Tracking von Nutzerinnen und Nutzern durch Dritt-Apps, in dem von Apple definierten Sinn, an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Tracking ermöglicht es zum Beispiel Werbetreibenden oder App-Publishern, über Webseiten und Apps hinweg personalisierte Werbung auszuspielen oder Nutzerdaten für andere Zwecke zu erheben und zu nutzen. Diese Möglichkeiten können insbesondere für Anbieter von Dritt-Apps eine hohe Relevanz haben, wenn sie auf Geschäftsmodelle setzen, bei denen Apps kostenlos, aber dafür werbefinanziert verfügbar gemacht werden.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir begrüßen datenschonende Geschäftsmodelle, die den Nutzerinnen und Nutzern Wahlmöglichkeiten über die Verwendung ihrer Daten einräumen. Ein Konzern wie Apple, der die Regeln in seinem Ökosystem und speziell im App Store einseitig festlegen kann, sollte diese aber wettbewerbskonform gestalten. Daran bestehen begründete Zweifel, wenn Apple Regeln für Dritte festlegt, die aber ausgerechnet für Apple nicht gelten sollen. Damit könnte Apple eigene Angebote bevorzugen oder andere Unternehmen behindern. Unser Verfahren stützt sich maßgeblich auf die neuen Befugnisse, die wir im Rahmen einer verschärften Missbrauchsaufsicht über große Digitalkonzerne im letzten Jahr erhalten haben (§ 19a GWB). Es reiht sich ein in Verfahren, die wir auf dieser Basis gegen Google / Alphabet, Meta / Facebook und Amazon führen oder bereits abgeschlossen haben.“
Auch unabhängig von Apples App Tracking Transparency Framework müssen alle Apps schon nach geltender Rechtslage für das Tracking das Einverständnis der Nutzerinnen und Nutzer einholen. Durch die von Apple eingeführten Vorgaben wird das Tracking nun außerdem davon abhängig gemacht, dass der Nutzer beim Erststart einer App, die nicht von Apple stammt, in einem Pop-up Dialog zusätzlich zu den bisher schon erforderlichen Zustimmungen eine weitere Einwilligung zur Verwendung und Kombination von Nutzerdaten gibt. Auch die Verwendung eines für die Werbewirtschaft wichtigen, von Apple bereitgestellten Identifizierungsmerkmals für Geräte, dem Identifier for Advertisers, fällt als Tracking unter diese neue Maßnahme. Dagegen betreffen diese Regelungen Apple bei der Verwendung und Kombination von Nutzerdaten im eigenen Ökosystem offenbar nicht. Nutzer können in den Einstellungen zwar auch gegenüber Apple die Verwendung ihrer Daten im Hinblick auf deren Nutzung für personalisierte Werbung einschränken, allerdings unterliegt Apple – so der vorläufige Stand – nicht den neuen und zusätzlichen Regelungen des App Tracking Transparency Framework.
Das Bundeskartellamt greift das Verhalten Apples als möglichem Unternehmen mit einer überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb auf. Das heute eingeleitete Verfahren schließt sich insoweit an das am 21. Juni 2021 gegen Apple eingeleitete Verfahren zur Feststellung einer überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb im Sinne des § 19a Abs. 1 GWB an (siehe Pressemitteilung vom 21. Juni 2021), das noch nicht abgeschlossen ist. Die Prüfung der Tracking-Regelungen von Apple ist gestützt auf § 19a Abs. 2 Satz 1 GWB und Artikel 102 AEUV. In diesem Zusammenhang können auch die Möglichkeiten der dienst-übergreifenden Datenzusammenführung auf Seiten von Apple selbst sowie die Wahlmöglichkeiten der Nutzer hinsichtlich der Verarbeitung ihrer Daten durch Apple eine Rolle spielen, ebenso wie die Frage, inwieweit die Regelungen möglicherweise dazu führen könnten, dass das Angebot werbefinanzierter Apps für die Nutzer zurückgeht.
Hintergrund: § 19a GWB
Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift (§ 19a GWB) erlaubt dem Bundeskartellamt ein früheres und effektiveres Eingreifen, ins-besondere gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne. Die Behörde kann in einem zweistufigen Verfahren Unternehmen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.
Mit dem neuen Instrument wurden in den vergangenen Monaten bereits gegen Facebook/Meta (siehe Pressemitteilung vom 28. Januar 2021, 4. Mai 2022), gegen Amazon (siehe Pressemitteilung vom 18. Mai 2021) und gegen Alphabet/Google (siehe Pressemitteilung vom 25. Mai 2021, 4. Juni 2021, 5. Januar 2022) Verfahren eingeleitet und erste Entscheidungen getroffen.