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Dankesrede Ana Lilia Pérez

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Dankesworte der Journalistin anlässlich der Verleihung der "Goldenen Victoria - Pressefreiheit" des VDZ auf der Publishers' Night

Sehr geehrter Herr Professor Burda, sehr geehrte Frau Schadt, sehr geehrter Herr Scherzer, meine Damen und Herren, Guten Abend.

Ich danke Ihnen, dass Sie mir das Privileg zuteilkommen lassen, hier zu sein und vor Ihnen sprechen zu dürfen.

Auf meiner Reise von Mexiko-Stadt nach Berlin habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was Meinungsfreiheit ist und was sie gegenwärtig für den Menschen bedeutet. Die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht; ein Recht, das der Entwicklung der Zivilisation innewohnt; und folglich sind Konzepte wie Demokratie ohne die Ausübung dieser Meinungsfreiheit nicht vorstellbar.

In Deutschland ist dieses Recht garantiert und wird frei und in großem Maße ausgeübt, da die Verleger und das Management der Massenmedien Frauen und Männer  sind, die sich ernsthaft für die Meinungsfreiheit und folglich auch für die Gesellschaft engagieren.

Andererseits gibt es auch Länder, in denen das Ausüben dieses Rechts das Risiko mit sich bringt, ermordet zu werden. Wir, die Journalisten, die die Meinungsfreiheit und das Recht der Bürger auf Informationen verteidigen, unterschreiben in diesen Ländern im Prinzip unser Todesurteil.

In Mexiko, wo Demokratie nur auf dem Papier existiert, wurden im letzten Jahrzehnt mehr als 80 Journalisten ermordet und ungefähr zwanzig sind spurlos verschwunden. Darüber hinaus gibt es weitere Gefahren für die Meinungsfreiheit wie die Zensur und die Selbstzensur.

Den Beruf des Journalisten in einem Land wie Mexiko auszuüben, ist eine mit großem Risiko behaftete Aufgabe. Obgleich es offiziell keinen Krieg gibt, ist mein Land eines der lebensgefährlichsten Länder auf dieser Welt; nicht nur für die Presse, sondern auch für die Bevölkerung im Allgemeinen. Jeden Tag werden Menschen auf so gewalttätige Art und Weise umgebracht, wie es in den vergangenen Jahrzehnten undenkbar schien.  Dennoch gibt es diejenigen unter uns, die wie wir überzeugt sind, dass es das Risiko wert ist, da wir von der Bedeutung des Journalismus überzeugt sind; sie ist eine Lebensform und eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft zugleich.

Ich habe über Jahre hinweg den Journalismus unter zwei persönlichen Prinzipien ausgeübt: Ethik und Verteidigung der Meinungsfreiheit. Aus diesem Grund habe ich lange Zeit unter Bedrohungen und Gefahren gelebt und musste lernen, unter Angst zu arbeiten; aber ich tue es, weil ich glaube, dass der ehrliche Journalismus eine Säule für die Demokratie und für die Zukunft eines Landes ist.

In 2012 hat meine Reise nach Deutschland in einem zweijährigen Exil geendet, was mir das Leben gerettet hat. In diesem Land gaben mir Menschen wie Sie die Flügel – wie die Flügel dieser Victoria – um meine Arbeit fortzusetzen und in mein Land zurückzukehren. Von Neuem begonnen war ich stark, firm und überzeugt, dass der Journalismus sich positiv auf die Bevölkerung auswirken kann, um eine kritische Gesellschaft zu festigen und unabhängiges und freies Denken zu fördern; so wie es in Deutschland bereits Realität ist.

Für manche Menschen ist der Journalismus der schönste Beruf der Welt. Für mich ist er das. Deswegen fühle ich mich trotz der Ängste und Risiken, mit denen meine Arbeit verbunden ist, sehr privilegiert. Ich lebe immer noch, ich atme und heute bin ich hier, um diese Auszeichnung entgegenzunehmen, mit der Sie mich beehren und die ich mit der Klarheit des Versprechens, die sie mit sich trägt, annehme.

Das Ansehen, das diese Goldene Victoria auszeichnet, gibt mir Stärke. Die Goldene Victoria gibt mir Anerkennung für die bitteren Zeiten, die ich erlebt habe und sie ist für mich ein Anreiz weiterzumachen.

Ich widme diese Goldene Victoria der deutschen Gesellschaft, die mir die Chance auf ein neues Leben gegeben hat. Darüber hinaus widme ich sie der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte und dem deutschen PEN-Zentrum, die mir Exil gewährt und mir somit das Leben gerettet haben.

Ich widme sie auch Martina Bäurle, Johannes von Dohnanyi, Teresa Ávila, Harald und Penka Ihmig und allen anderen Kollegen, die in diesem Land mir ihre Unterstützung und ihre Freundschaft angeboten haben.

Ich möchte sie auch meiner Familie widmen, deren Haltung, Stärke und Geist mich bedingungslos begleiten.

Ich widme sie ebenfalls meinem Land, weil wir Mexikaner einen besseren Staat verdienen; einen Staat, der tatsächlich die Meinungsfreiheit garantiert. Diese Auszeichnung bedeutet, dass wir Hoffnung haben. Sie bedeutet, dass wir mexikanische Journalisten nicht alleine sind.

Danke, dass Sie uns nicht alleine lassen.

Diese Goldene Victoria ist insbesondere eine Umarmung für alle diejenigen Journalisten, die bedroht, verfolgt und eingesperrt sind. Eine Umarmung für diejenigen, die zensiert worden sind, weil sie im Interesse der Bevölkerung Korruption in den Zentren der Macht aufgedeckt haben. Sie ist auch eine Umarmung für unsere Verschwundenen und Erinnerung an unsere Toten.

Ich danke dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger für diese Auszeichnung, die ich mit Würde und, vor allem, mit Respekt und Ethik zu tragen verspreche.

Schließlich, wenn Sie es mir erlauben, möchte ich auch den deutschen Verlegern von Random House danken, die sich dafür entschieden haben, mein Buch Mares de cocaína (Kokainmeere) zu übersetzen, das den Wirkungsbereich und die Machenschaften des organisierten Verbrechens auf der ganzen Welt dokumentiert und das im nächsten Frühjahr auf den Markt kommen wird. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein, es zu lesen.

Und danke, vielen Dank an Sie alle, dass Sie heute meine Stimme gehört haben. Eine Stimme, die ‘Nein’ zur Zensur sagt, die ‘Ja’ zur Meinungsfreiheit sagt und ‘Ja’ zur wahren friedlichen Demokratie.


Die Preisverleihung fand am 2. November 2015 in der Hauptstadtrepräsentanz der Telekom statt. Es gilt das gesprochene Wort. 

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