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Den unternehmerischen Geist im Mediengeschäft verstehen, fordern und fördern

Beitrag von Stephan Scherzer, Designierter Hauptgeschäftsführer VDZ

 

Wolfgang Fürstner hat mich nach spannenden Jahren in San Francisco für die Plattform VDZ und die damit verbunden Menschen und Marken begeistert. Nach vier Jahren “everything digital” im Silicon Valley geht es jetzt in Berlin um “Magazine Media” – in Zeiten des Umbruchs und der Digitalisierung aller Medienkanäle.

Der unternehmerische Geist der Verleger, die digitale Revolution nicht nur zu begleiten, sonder aktiv mit ihren starken Marken zu gestalten, ist herausgefordert. Print wirkt und ist gerade in Deutschland eine starke Basis, von der aus sich die digitale Expansion gut starten und gestalten lässt. Der Kampf um die Aufmerksamkeit der Leser und um die Budgets der werbenden Wirtschaft tobt härter als jemals zuvor in der Geschichte der Medien. Der Tag hat 24 Stunden und die Zeit ist das kostbarste Gut, das jeder Mensch hat. Unter diesem Gesichtspunkt arbeiten erfolgreiche Medien mit Verve daran, ihre Marken und Botschaften in den Alltag der Menschen einzubetten – egal zu welcher Uhrzeit und auf welchem Kanal.

Die unabhängige, freie Presse, basierend auf einem funktionierenden Geschäftsmodell, die plattformübergreifend auf allen Kanälen sendet und empfängt, ist ein zentraler Anker im Deutschland des 21. Jahrhunderts. Moderne Zeitschriftenverleger sind innovativ, nachhaltig, zukunftsorientiert, und können sich deshalb selbstbewusst dem Wettbewerb um die Aufmerksamkeit stellen. Das journalistische Produkt sowie zielgruppenfokussierte Zusatzangebote und Dienstleistungen stehen im Zentrum. Wer den Kampf um die Aufmerksamkeit gewinnt, wird auch Gewinner bei den Werbebudgets sein.

Die Digitalisierung der Medien ist nicht die erste massive Veränderung oder Krise, die die Verlage erleben und erfolgreich managen. Im Digitalgeschäft kommen auf eine Erfolgsgeschichte wie Netflix, Siri oder Groupon, dutzende gescheiterte StartUps und Investoren, die niemals den return on invest sahen. Zudem müssen hier viele Spieler noch beweisen, wie nachhaltig sie am Markt agieren können. Trotzdem müssen die Rahmenbedingungen stimmen und Chancengleichheit im Wettbewerb geschaffen werden. Das gilt sowohl für die digitale Expansion der Öffentlich-Rechtlichen als auch für Megaplattformen aus den USA. “Alles ist umsonst” funktioniert weder als Idee noch als Geschäftsmodell. Im Gegenteil, nichts ist “just for free”. Google sammelt und aggregiert Profil- und Verhaltensdaten, Facebook legt komplexe Nutzerprofile an, und Apple hat ein gut funktionierendes, praktisch geschlossenes Ökosystem entwickelt. Oft merken Nutzer und Marktteilnehmer nicht sofort, welchen Preis sie womit und wann zahlen – aber umsonst ist nichts. Deshalb ist es so wichtig, die Mechanik der digitalen Welt zu verstehen. Einerseits, um den Wert bestehender Print-Modelle zu schätzen und dort nicht locker zu lassen, andererseits, um die digitalen Chancen rechtzeitig zu erkennen und zu ergreifen.

Das Vorantreiben tragfähiger Geschäftsmodelle für die Mobil-Plattformen – Smartphones, Tablets, E-Reader, Apps – ist die Herausforderung der kommenden Jahre. In zehn Jahren wird Mobile weltweit der meistgenutzte Kanal für den Konsum von journalistischen Inhalten und den interaktiven Austausch sein. Die Wettbewerbsumfelder haben sich durch die Digitalsierung massiv verändert: Es gibt zahlreiche neue Mitspieler, die im klassischen Printgeschäft keine Rolle gespielt haben. Darauf müssen wir uns neu einstellen und den Blick über den Tellerrand schärfen.

Bezüglich der Tablett-Entwicklung, der Bedeutung von Smartphones und anderen digitalen Endgeräten sind wir in Europa noch in einem frühen Stadium. Im Weihnachtsgeschäft 2010 wurden in den USA schon mehr E-Books bei Amazon verkauft als klassische Bücher. In Deutschland wird das mit Sicherheit noch ein paar Jahre dauern – und Zeitschriften sind keine Bücher. Trotzdem lassen Prototypen wie das Paperphone der kanadischen Queens University schon deutlich erkennen, welches Potenzial in diesem Marktsegment steckt. Die ersten Zahlen und Erfahrungen aus dem Tablet-Geschäft sind positiv und das Know-how in den Häusern wächst. Der Kampf um die besten Talente tobt. Alle Branchen spüren das und stellen sich darauf ein. Der Austausch untereinander und die Kooperation miteinander werden immer wichtiger. Die Geschäftsmodelle der Zukunft stellen alle vor intellektuell-technischen Herausforderungen  – nicht umsonst haben Google, Facebook, Apple und Amazon fast mehr Ingenieure, Programmierer und Produktstrategen an Bord als alle deutschen Verlage zusammen Mitarbeiter beschäftigen.

Mit Kooperationen, agilen Strukturen, iterativer Produktentwicklung und herausragenden redaktionellen Inhalten und Services wird es gelingen, im Medienmix des Jahres 2020 eine hohe Relevanz zu haben und Zielgruppen und Werber zu faszinieren. Verleger und VDZ befinden sich in einem unumkehrbaren Transformationsprozess ebenso wie die weltweite Medienindustrie. Die amerikanischen Megaplattformen versuchen die Transformation der Medienwelt auf allen Kanälen zu orchestrieren. Mit der Ausnahme von Print sind sie dabei schon sehr weit gekommen.

Wolfgang Fürstner hat den VDZ schon frühzeitig auf die Zukunft eingestellt und strategische Themen auf die Agenda gesetzt. Ich freue mich, auf dieser starken Plattform aufzusetzen. Als Bergsteiger ist mir klar, dass seine Spuren tief sind und schon viele schwierige Gipfel bestiegen wurden. Deshalb werde ich mir neue Routen auf anspruchsvollen Berge suchen und wünsche Dir, lieber Wolfgang, nur das Beste für die Zukunft!

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