„Ein Freund, Kollege und Ratgeber, der fehlen wird“
MVFP-Ehrenvorsitzender Dr. Rudolf Thiemann (Foto: MaxLouis Köbele)
Am Mittwoch, dem 29. März d. J. starb Karl Dietrich „Kalli“ Seikel an den Folgen eines tragischen Unfalls. Mit Seikel verliert die Medienbranche einen herausragenden Kollegen und Freund, dem sie viel zu verdanken hat.
Von 1991 bis 2007 war er Geschäftsführer des „Spiegel“ und markierte zusammen mit dem Gründer Rudolf Augstein sowie dem damaligen Chefredakteur Stefan Aust eine besonders erfolgreiche Ära. Die Einführung von „Spiegel TV“ und „Spiegel ONLINE“ tragen seine Handschrift.
Von 1995 bis 2008 war Seikel Vorstandsvorsitzender des Fachverbandes Publikumszeitschriften im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), der Vorgängerorganisation des MVFP. Ich lernte ihn 1997 in der Delegiertenversammlung, dem obersten Beschlussorgan des VDZ, kennen. Der VDZ hatte sich gerade in einem anstrengenden Prozess neu geordnet und selbstständige Fachverbände etabliert. In den Folgejahren haben wir zusammen mit den Kollegen der Publikumszeitschriften, der Fachpresse und der Konfessionellen Presse etwa 20 Delegiertenversammlungen absolviert, deren heimlicher Souverän Karl Dietrich Seikel war. Nichts konnte ihn jemals aus der Ruhe bringen. In der Sache bestimmt, im Ton moderat, wusste er zu überzeugen, die Verantwortung unserer Branche für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft stets im Blick. Dabei verfügte er über einen gut gefüllten rhetorischen Werkzeugkasten, den er mit sonorer Stimme und gelegentlich auch feiner Ironie nutzte. Ernst R. Hauschkas Bonmot „Argumente werden zusammen mit dem Argumentierenden gewogen“ traf auf Seikel in besonderem Maße zu. Dabei lag ihm jeglicher Überlegenheitsgestus fern; im Gegenteil, er behandelte jedermann mit der gleichen zuvorkommenden Höflichkeit. Ich habe mir so manches abgeschaut bei „Kalli“ Seikel und ihn als Freund und Ratgeber sehr geschätzt.
Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Hause „Spiegel“ und dem VDZ blieb Seikel der Branche bis zuletzt treu. Zunächst als Verwaltungsrat der Schweizer Mediengruppe „Tamedia“, als Medienkoordinator des Hamburger Senats, später im Aufsichtsrat sowohl der „FAZ“ als auch der „Fazit-Stiftung“, die meiste Zeit davon jeweils als Vorsitzender. Auch den Reformprozess des VDZ hin zum heutigen Bundesverband MVFP begleitete er aus dem Hintergrund. In zahlreichen Gesprächen mit den Beteiligten insbesondere im Hamburger Medienumfeld half er mit, die Geschlossenheit unserer Branche unter dem Dach des MVFP wiederherzustellen.
Unsere Verabredung am Tegernsee wird nun leider nicht mehr stattfinden. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner fabelhaften Frau Barbara und seinen drei Söhnen mit ihren Familien.
Wir werden Dich, lieber Kalli, vermissen, dem Freund und Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren. Mögest Du in Frieden ruhen!
Dr. Rudolf Thiemann
Ehrenvorsitzender des MVFP
Tegernsee, den 31. März 2023
