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Globalisierung als kommunikative Revolution

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GUIDO WESTERWELLE, Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten im aktuellen VDZ Jahrbuch über die logische Fortentwicklung unserer Außenpolitik unter neuen Bedingungen

In der Welt vollziehen sich fundamentale Veränderungen: Technologische Innovationen und neue Medien verdichten Zeit und Raum, sie verändern das gesellschaftliche Zusammenleben. Wurde Globalisierung früher hauptsächlich unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, so ist heute klar: Es sind insbesondere die kommunikative Revolution und der Austausch von Ideen und Werten, die Globalisierung für jeden Einzelnen spürbar werden lassen.

NETZWERKORIENTIERTE AUSSENPOLITIK

Diese Umbrüche stellen auch alte Gewissheiten der internationalen Politik in Frage: Die Welt wird unübersichtlicher und zunehmend multipolar. Angesichts dieser Herausforderungen muss es Ziel unserer Außenpolitik sein, die grundlegende Werteorientierung unserer Gesellschaft zu wahren und zugleich unseren Interessen unter den neuen Bedingungen Rechnung zu tragen. Das bedeutet: Deutsche Außenpolitik muss netzwerkorientiert sein und handeln. Dies ist kein Bruch mit Bewährtem, sondern die logische Fortentwicklung unserer Außenpolitik unter neuen Bedingungen.

Unser Wertefundament ist und bleibt fest verankert in den letzten sechs Jahrzehnten deutscher Außenpolitik – schon die Präambel des Grundgesetzes hat uns explizit aufgegeben, „in einem geeinten Europa dem Frieden in der Welt zu dienen“. Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik. Konfliktprävention spielt dabei eine immer entscheidendere Rolle, denn Konfliktlinien verlaufen heute zunehmend innerhalb von Gesellschaften, nicht zwischen Staaten. Die beste Friedenspolitik ist die Entschärfung von Konfliktsituationen vor ihrer krisenhaften Zuspitzung. Deshalb engagiert sich Deutschland in internationalen Organisationen für eine stabile internationale Ordnung, setzt sich als Vermittler für friedliche Konfliktlösung ein und unterstützt die Transformation in vielen Ländern Asiens und Afrikas, die sich auf den Weg der Demokratisierung begeben haben. Auch die Gemeinsame Sicherheits und Verteidigungspolitik der EU gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung.

DAS ERFOLGREICHSTE FRIEDENSPROJEKT DES 20. JAHRHUNDERTS

Für Deutschland ist Europa mehr als ein wirtschaftliches Projekt. Das geeinte Europa ist eine Kulturund Schicksalsgemeinschaft, deren Fundament die Werte der Aufklärung sind: die unveräußerliche Würde jedes Menschen, die Freiheit des Einzelnen, Rechtsstaatlichkeit und die Teilhabe aller an der Demokratie. Blicken wir in die Vergangenheit, so ist Europa das erfolgreichste Friedensprojekt des 20. Jahrhunderts. Schauen wir in die Gegenwart und Zukunft, so ist Europa unsere Antwort auf die Globalisierung.

Nur in einem geeinten Europa wird es uns gelingen, unsere Werte und Interessen in der Welt zu vertreten. Deshalb ist mehr Europa unser Ziel, nicht weniger. Denn nur ein stabiles und wettbewerbsfähiges Europa wird in der Welt Gehör finden. Während der Anteil Europas an der Weltbevölkerung schrumpft, entstehen in Asien, Lateinamerika und Afrika neue Kraftzentren. Diese wirtschaftlich aufstrebenden Staaten nehmen eine bedeutendere Rolle ein, als der sie bezeichnende Begriff „Schwellenländer“ suggeriert. Sie erheben zu Recht einen stärkeren Gestaltungsanspruch in der internationalen Politik.

GLOBALISIERUNG MIT REGELN

Deutschland setzt sich für eine regelgeleitete Globalisierung ein. Doch dieses Ziel können wir nur mit starken Partnern erreichen. Deshalb pflegen wir nicht nur alte Freundschaften, sondern bauen neue Partnerschaften mit aufstrebenden Gestaltungsmächten aus. In einem umfassenden Ansatz wollen wir Kulturen und Gesellschaften ebenso zusammen bringen wie Wirtschaft und Politik. Kommunikation spielt dabei eine zentrale Rolle: Durch den Einsatz traditioneller und neuer Medien und die Instrumente der Auswärtigen Kultur und Bildungspolitik fördern wir den Dialog. Auf diese Weise erreichen wir Menschen direkt, werben um Vertrauen und knüpfen nachhaltige Netzwerke. Denn Lösungsansätze für die grenzüberschreitenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts werden wir nur durch Austausch und Dialog mit alten Freundschaften und neuen Partnern finden.

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