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„Man darf das als Angriff sehen“.

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Interview mit den PMA-Sprechern Stan Sugarman und Andreas Schilling über die Stärken von Print in der aktuellen Ausgabe des Horizont

Meine Herren, Sie beide kümmern sich neuerdings als Sprecher-Duo um den Arbeitskreis Pressemarkt Anzeige (PMA) im Zeitschriften-Verlegerverband VDZ, als Doppel-Vorstand um die Werbewirkungsstudie Ad Impact Monitor (AIM) sowie mit Ihren Kollegen von Bauer und Springer um die Planungsstudie „Best 4 Planning“. Finden Sie trotzdem noch genügend Zeit, sich gegenseitig Konkurrenz zu machen?

Andreas Schilling: Wir sind und bleiben im Tagesgeschäft harte Wettbewerber. Bei den von Ihnen aufgezählten Aktivitäten geht es darum, verlagsübergreifende Vermarktungsinteressen zu bündeln: Als Sprecher des Arbeitskreises PMA, die für alle dort organisierten Verlage sprechen, sehen Stan Sugarman und ich uns hier in der Pflicht. Dabei unterstützen uns die Kollegen im PMA-Kreis, die ebenfalls auf breite und vielseitige Werbe-Erfahrung zurückgreifen können.

Stan Sugarman: Wir sehen uns in der Verantwortung, für die Gattung relevante Themen zu setzen, zu diskutieren und im Schulterschluss anzugehen. Denn die wahren Wettbewerber um Werbegelder sind nicht andere Verlage, sondern TV- und reine Online-Vermarkter.

Haben die kleineren Verlage mit Ihrem gemeinsamen Voranmarschieren kein Problem? Im Vertriebsmarkt haben sich die Mittelständler innerhalb des VDZ längst abgespaltet.

Sugarman: Dies trifft nicht zu. Alle relevanten mittelständischen Verlage sind beim VDZ engagiert. Gerade auch im Anzeigengeschäft sind die Interessenlagen zwischen den Verlagen homogen, wie sich auch in der Zusammenarbeit in PMA zeigt.

Der Werbekuchen dürfte nicht mehr wesentlich wachsen. TV und Online wollen ihre Anteile erhöhen und machen keinen Hehl daraus, dass sie dies zulasten von Print zu tun gedenken, auch mit Hilfe entsprechender Konditionen. Wie wollen sich die Verlage dagegen wappnen?

Schilling: Tatsächlich spüren wir aktuell, dass sich TV bei einzelnen Kunden sehr aggressiv gegen Print aufstellt. Wir Verlage müssen im intermedialen Wettbewerb daher die Kraft unserer Gattung noch besser auf die Straße bringen. Und wir sehen das keineswegs nur als Abwehrkampf an, sondern wir möchten neue Branchen, Kunden und Budgets gewinnen.

Zum Beispiel?

Sugarman: Luxusgüter und alternative Energien etwa sind Wachstumsbereiche, deren Zielgruppen ein Medienrezeptionsverhalten zeigen, das prädestiniert ist für Print. Daneben diskutieren wir über Wege und Argumente, mit denen Zeitschriften gezielt Branchen ansprechen können, die bisher vor allem im TV geworben haben, zum Beispiel FMCG (Fast Moving Consumer Goods).

Und wo genau suchen Sie den Schulterschluss aller Verlage?

Schilling: Bisher war es für Kunden relativ leicht, die Vermarkter auseinander zu dividieren,  allein deshalb, weil es so viele Verlage gibt. Eine solche Situation findet man sonst bei keiner anderen Gattung. Hier müssen wir im Interesse von Print eine offenere Diskussion führen – wohl wissend, dass nicht immer alle Häuser und Titel gleich stark partizipieren, weil wir alle unterschiedliche Portfolios samt Leistungsstärken haben. Es ist ein Geben und Nehmen, und die Rechnung wird erst am Ende gemacht. Dann profitieren alle, wenn wir die Stärken von Print gemeinsam herausgearbeitet haben.

Sie meinen Absprachen?

Sugarman: Sicher nicht, das dürfen wir ja nicht und zudem haben die Verlage unterschiedliche Meinungen, weil sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Marken und Zielgruppen, die sie ansprechen, unterschiedliche Positionen einnehmen. Im direkten Wettbewerb schenken sich die Verlage weiterhin nichts. Trotzdem sollten wir über den Tellerrand hinaus blicken und uns in einem Punkt tatsächlich verbünden: beim Nachweis der Werbewirkung von Print und den einzigartigen Stärken des Mediums im Media-Mix, insbesondere vor dem Hintergrund der Ergänzung durch Online und Mobile.

Schilling: Wir müssen uns auf die einzigartige Qualität von Print zurückbesinnen, anstatt uns in die Defensive und in Preisdiskussionen drängen zu lassen. Print ist Paid Content, spricht relevante Zielgruppen an und stellt qualitativ hochwertige, redaktionelle Umfelder bereit. Deshalb wirkt Printwerbung intensiv, präzise und nachhaltig. Das erklären wir mit unserer neuen Fachkampagne und der dazugehörigen Website, die komplett überarbeitet wurde.

Aber diese Argumente predigen die Verlage doch schon ewig. Mit dem Slogan „Print wirkt“ werben Sie bereits seit zehn Jahren. Warum sollten Sie ausgerechnet jetzt Gehör finden?

Schilling: Weil wir jetzt, mit der neuen Kampagne, die das Motto „Print wirkt“ als Gattungsdachmarke etabliert, nicht nur die Begründung dafür liefern, sondern auch die Beweise. Die Daten aus AIM stehen ja erst jetzt zur Verfügung. Gemeinsame Initiativen wie AIM und auch „Best 4 Planning“ wären vor Jahren noch nicht möglich gewesen. Die Verlage werden gemeinsam aktiv. Das dürfen die übrigen Gattungen gerne als Angriff auffassen.

Ihre „Print wirkt“-Kampagne schalten Sie ganz stark auch online. Ist das kein Widerspruch?

Sugarman: Überhaupt nicht. Über 40 Prozent aller Google-Suchanfragen sind durch Print-Lektüre motiviert. Print erzeugt Online-Traffic – auch dies wollen wir zeigen. Außerdem sind Mediaplaner meist jung und Online-affin. Wir möchten sie überall erreichen, damit sie unsere Argumente und die Zusammenhänge der Mediennutzung und Werbewirkung verstehen.

Die Effektivität von Print bestreitet wohl niemand. Doch entscheidend ist ja die Effizienz – und hier kommt der Preis ins Spiel. Wenn ein Anzeigenkontakt im Magazin X dieselbe Wirkung hat wie zehn Kontakte in TV, dann kann man sagen: Jawohl, Print wirkt besser. Wenn diese zehn TV-Kontakte im Media-Einkauf aber billiger sind, dann sind diese bei gleicher Wirkung effizienter. Ihre TV-Wettbewerber sagen deshalb, Print sei überbewertet.

Schilling: Und dieselben TV-Kollegen unternehmen dann alles, um uns im Preis zu unterbieten – das passt doch nicht. Anzeigen sind keine Commodity, sondern Werbemittel, deren Wirkung sich vor allem aus dem Qualitätsumfeld ableitet. Wir müssen eben noch besser nachweisen, dass der Wirkungsbeitrag von Printwerbung so groß ist, dass die Gattung ihren Preis im wahrsten Wortsinn wert ist. Und zwar nicht nur mit Blick auf schnelle Bekanntheit und Abverkauf, sondern auch langfristig bei Präferenz-, Marken- und Sympathiebildung.

Sugarman: Wir müssen zuerst über die Qualitäten von Print reden anstatt über die Preise. Und darüber, wie diese Qualität entsteht und die Zielgruppen erreicht: durch professionelle Redaktionen, durch hochwertigen Druck und flächendeckenden Vertrieb.

Marktpreise entstehen aber durch Angebot und Nachfrage – unabhängig von den Kosten und Mühen, die ein Anbieter in sein Produkt investiert hat. Erklärt nicht auch ein Überangebot an Titeln und Anzeigenflächen den Preisdruck und Restplatz-Phänomene wie Trading?

Schilling: Wir müssen eben dafür sorgen, dass es erst gar keine Restplätze gibt. Das resultiert schon daraus, dass Anzeigenseiten – anders als Internet-Inventar – eben nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Zusätzlich müssen wir durch Gattungsmarketing, das die besondere Werbewirkung journalistischer Umfelder erklärt, die Print-Nachfrage der Kunden stärken.

Manche sagen, Trading sei eine Randerscheinung und die Debatte dazu übertrieben. Andere hingegen meinen, Trading läute einen gefährlichen Paradigmenwechsel ein und dürfe deshalb keinesfalls unterschätzt werden. Was sagen die Publikumsverlage dazu?

Sugarman: Trading ist ein Preisthema, da wollen und dürfen wir uns nicht absprechen. Wir können nur diskutieren und aufklären, aber eben keine gemeinsamen PMA-Empfehlungen oder gar –Beschlüsse formulieren. Jeder Verlag muss hier selber nachdenken und handeln.

Dann frage ich Sie als Vermarktungschef von Gruner + Jahr.

Sugarman: Trading ist ein großes Thema, weil tatsächlich ein Paradigmenwechsel droht, wenn Agenturen zu Händlern und Vermarktern werden. Trading ist für Agenturen ein neuer Versuch, durch zunächst intransparente Geschäftsmodelle ihre Margen zu erhöhen. Und wie alle ähnlichen Versuche vorher, siehe Kickbacks, funktioniert das nur eine bestimmte Zeit – nämlich solange, bis auch diese Modelle transparent werden. Irgendwann wird deshalb auch Trading wieder verschwinden. Fragt sich nur, wie viel verbrannte Erde zurückbleibt und wie viel Geld zu den Agenturen umverteilt wurde. Geld, das die Medien niemals wieder sehen.

Was heißt das konkret für G+J?

Sugarman: Wir sehen kaum wirtschaftliche Vorteile für uns, dafür aber erhebliche rechtliche Risiken. Für uns ist Trading deshalb auch 2012 in Print kein Thema. Und in meiner Wahrnehmung lehnen die allermeisten PMA-Verlage Trading ebenfalls ab.

Was bedeutet „kein Thema“? Ein Trading-Anteil von null Prozent?

Sugarman: Ja.

Wie hält es Burda mit Trading, Herr Schilling?

Schilling: Wer Trading als Teil seines Geschäftsmodells ansieht, läuft Gefahr, damit ein Einkaufsspiel mit einer Preisspirale nach unten anzustoßen. Wenn Verlage ihre Vermarktungshoheit aufgeben, ist das der Anfang vom Ende. Trotzdem ist Trading an sich nicht anrüchig. Es kann für einen Verlag sogar sinnvoll sein, in bestimmten Situationen auf klar begrenzten Flächen mit marginalem Volumen Trading zu erproben, etwa, um mit neuen Kunden ins Gespräch zu kommen. Im Bestandsgeschäft aber hat Trading nichts zu suchen.

Wie hoch ist der Trading-Anteil im Hause Burda?

Schilling: Trading ist kein wesentlicher Bestandteil unseres Geschäftsmodells.

Wenn ein Verlag einer Agentur den kleinen Trading-Finger reicht und diese im Jahr darauf nach der ganzen Hand greift – wie will man das verhindern? Vielleicht dadurch, dass ein Verlag Trading offen in der Preisliste annonciert, transparent und verbindlich beschränkt durch klar definierte Bedingungen, um Trading endlich vom Mauschel-Verdacht zu befreien?

Schilling: Nein. Weil Trading kein Geschäftsmodell ist, halte ich nichts davon, es in Preislisten abzubilden.

Was halten Sie davon, den Spieß umzudrehen und direkte Kontakte zu großen Werbekunden zu suchen? Könnte dies übertriebene Trading-Begehrlichkeiten der Agenturen disziplinieren?

Schilling: Print hatte schon immer einen besseren Kundenzugang als andere Gattungen. Aber wir wollen das Geschäft nicht ohne die Agenturen machen. Das Dreieck aus Kunde, Agentur und Medium hat sich bewährt. Nur müssen auch die Agenturen ihren Beitrag dazu leisten.

Sugarman: Und wir Verlage müssen den Agenturen Beweise und Tools zur Hand geben, damit sie die Leistung und Wertigkeit von Print bei Beratung und Media-Einkauf richtig einschätzen.

Derweil formieren sich bisher sieben große regionale Tageszeitungsverlage für ein nationales Vermarktungsbündnis, um so kollektiv an die Budgets der großen Markenartikler zu kommen.

Schilling: Das ist doch mehr als legitim. Wir begrüßen es, dass sich auch Tageszeitungen auf die Stärken von Print besinnen.

Sie freuen sich darüber, dass jetzt neben TV auch Regionalzeitungen um Ihre Kunden buhlen?

Sugarman: Natürlich bedeutet das mehr Wettbewerb, und dem stellen wir uns. Vielleicht ja eines Tages auch dadurch, indem wir Publikumsverlage unsere millionenfachen Abonnentenadressen nutzen, um im Verbund mittels Geo-Targeting und Split-Seiten unsere Werbung in Ballungsgebieten regional auszusteuern. Wir haben da keine Denkbarrieren.

Von Ihrer „Print wirkt“-Kampagne profitieren auch die Zeitungen als Trittbrettfahrer.

Sugarman: Print ist mehr denn je ein lebendiges Medium. Das lassen wir gerne auch für Tageszeitungen gelten.

Noch ein Blick auf die Umsätze. Was war im 4. Quartal 2011 los? Man hatte den Eindruck, dass der leichten Werbekonjunktur 2011 zuletzt die Puste ausging. Haben die Agenturen mal wieder panisch Print-Etats zu TV umgeschichtet, um dort ihre Commitments zu erfüllen?

Schilling: Wir haben zuletzt eine allgemeine Abflachung der Werbeausgaben gesehen, nicht nur bei Print. Einen Zusammenhang mit TV-Commitments sehe ich nicht. Und es war immer noch ein ordentliches Quartal – und erst Recht ein gutes Jahr.

Was heißt das für Ihre Häuser? Lagen die Anzeigenumsätze gegenüber 2010 im Plus?

Schilling: Wir schließen plus/minus Null ab.

Sugarman: Wir liegen in der Vermarktung Print alleine sehr leicht unter Vorjahr. Aber wenn man sich vor Augen führt, dass Print vor einiger Zeit schon fast totgesagt wurde, ist das ein gutes Ergebnis. Und ins neue Jahr sind wir ordentlich gestartet und blicken, bei aller Unsicherheit, optimistisch nach vorne. Es wird für G+J und für alle Publikumsverlage ein solides 2012 – aber kein bombastisches Jahr.

Seven-One Media versucht seit einiger Zeit, durch Werbezeitenverkauf gegen Umsatz- oder Unternehmensbeteiligung neue Kunden ins TV zu holen. Ist das ein Weg auch für Print?

Schilling: Wir sehen nur wenige Fälle, bei denen derartige Media-for-Equity-Modelle offenbar gut funktionieren, etwa bei Zalando. Trotzdem schauen wir uns das natürlich an.

Sugarman: Man sollte unterscheiden zwischen elektronischen Medien und Print, denn die Herstellung einer Zeitschrift ist teurer und komplexer als die Bereitstellung von anderem Werbeinventar, das man eher schon mal als Venture-Capital einsetzen kann. Wir profitieren übrigens, denn Zalando schaltet längst Anzeigen in Magazinen – und zwar mit Euro bezahlt.

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