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Massenmedien sind auch im digitalen Zeitalter unverzichtbar

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Zeitschriften und Zeitungen als Schlüssel für den demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozess

Bernd Neumann, MdB, Staatsminister für Kultur und Medien bei der Bundeskanzlerin

Nach klassischer Theorie und Praxis freiheitlicher Demokratien formulieren die Massenmedien die politisch und gesellschaftlich relevanten Themen und Meinungen. Sie üben ein unverzichtbares Wächteramt aus, schauen den Mächtigen auf die Finger und geben Orientierung. Die seit etwa Mitte der 1990er Jahre im gesamten Medienbereich virulente Digitalisierung scheint diese eminent wichtige Funktion der Massenmedien jedoch zunehmend in Frage zu stellen. In der Diskussion über die Zukunft der Medien wird immer wieder von einigen behauptet und erhofft, dass sich die Nutzer künftig ohne fremde Hilfe souverän als autonome Autoren, Rechercheure und Programmgestalter in der digitalen Medienwelt bewegen würden. Von Laien produzierte Inhalte könnten professionellen Journalismus und damit auch die etablierten Medienunternehmen weitgehend entbehrlich machen, neue demokratische Meinungsbildungsprozesse in Gang bringen und dadurch die politische Kultur maßgeblich verändern.

Diese Einschätzungen sind durch die tatsächliche Entwicklung der vergangenen Jahre allerdings bislang nicht bestätigt worden. Von bemerkenswerten Ausnahmen abgesehen, hat die Masse des „User generated Content“ im Internet nach wie vor kaum politisch oder gesellschaftlich relevante Inhalte und damit noch keinen den traditionellen Massenmedien vergleichbaren Einfluss auf die gesellschaftlichen und politischen Debatten erlangt. Immerwieder belegen Studien vielmehr erneut, dass die meisten Debattenthemen unverändert von Massenmedien, insbesondere von Zeitungen und Zeitschriften, angestoßen werden. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Printmedien trotz deutlicher Auflagenrückgänge nach wie vor intensiv genutzt werden und die bekannten Medienmarken auch im Internet die am stärksten nachgefragten Informationsanbieter sind.

Besondere gesellschaftliche Verantwotung der Medienunternehmen

Vieles spricht dafür, dass professionelle Medienschaffende und Medienunternehmen auch in Zukunft Schlüsselfiguren des demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses bleiben. Als solche tragen sie eine besondere gesellschaftliche Verantwortung, weshalb sie sich nicht als allein renditeorientierte Gewerbetreibende missverstehen dürfen. Ihre Produkte sind „Grundnahrungsmittel“ der Demokratie, deren Salz ein qualitativ anspruchsvoller, der Wahrheit verpflichteter Journalismus ist. Dieser ist natürlich ohne erhebliche Investitionen nicht zu gewährleisten. Einseitige, allein kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Vorgaben folgende Sparprogramme sind dagegen kontraproduktiv. Deshalb beobachte ich entsprechende Tendenzen in der Branche mit Sorge. Ich würde mir hier mehr unternehmerischen Mut wünschen. Tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln, in denen Journalistinnen und Journalisten unter angemessenen Arbeitsbedingungen tätig sein können, ist nach dem Grundgesetz aber Sache der Medienunternehmen, Redaktionen  nd Tarifpartner. Hier hat der Staat kein Handlungsmandat.

Medienpolitische Aktivitäten der Bundesregierung

Gleichwohl darf der Staat die Medien nicht allein dem Markt überlassen. Unsere Verfassung verpflichtet ihn vielmehr, für die Wahrung von Kommunikationsgrundrechten und Meinungsvielfalt einzustehen. Er muss Rahmenbedingungen für ein qualitativ hochwertiges und vielfältiges Angebot freier Medienanbieter schaffen und verhindern, dass einzelne Anbieter durch proprietäre Strukturen Monopole bilden. Die Bundesregierung geht diese angesichts der Digitalisierung der Medienwelt äußerst komplexe Aufgabe mit einer Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen in allen Medienbereichen an. Sie reichen von der Sicherung des diskriminierungsfreien technischen Zugangs von Programmanbietern und Nutzern zu Übertragungsnetzen und Informationen bis zur Förderung der Medienkompetenz der Mediennutzer sowie zur Modernisierung des Urheberrechts. Hier strebt die Bundesregierung beispielsweise die Schaffung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger an, um deren Leistungen wie die anderer Werkmittler angemessen zu schützen und damit insbes ndere auch kleinen und mittleren Verlagen faire Wettbewerbschancen zu ermöglichen. Ich verstehe dies als Beitrag für die Sicherung der Medienvielfalt in Deutschland und gehe fest davon aus, dass auch die Journalistinnen und Journalisten von einem Leistungsschutzrecht profitieren werden.

Von vitaler Bedeutung für die Refinanzierbarkeit von Medienangeboten ist und bleibt auch die Werbung. Medienanbieter und Werbewirtschaft müssen hier einen verlässlichen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Ordnungsrahmen vorfinden. Deshalb tritt die Bundesregierung weiteren Werbeverboten auf nationaler und internationaler Ebene entschieden entgegen. Ebenso wichtig ist aber, dass Zeitungen und Zeitschriften auch in Zukunft für jedermann erschwinglich bleiben. Wir halten deshalb selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten am ermäßigten Umsatzsteuersatz für Presseprodukte fest.

Verlage brauchen Spielraum für Marktentwicklungen. Haben sie diesen nicht, wird das Nebeneinander von privaten und öffentlich- rechtlichen Medienanbietern für die Zukunft in Frage gestellt. Ich appelliere deshalb an die öffentlich-rechtlichen Sender, nicht alles zu realisieren, was rundfunkrechtlich vielleicht möglich und zulässig ist. Auch mit Blick auf die EU-Kommission rate ich sehr dazu, kostenlose Applikationen nur für Angebote bereit zu stellen, die sich im Kern des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bewegen. Keinesfalls sollten die öffentlichrechtlichen Sender privaten Medienanbietern mit kostenlosen Applikationen etwa für Spiele zusätzliche Konkurrenz machen.

Das Presse-Grosso garantiert ein flächendeckendes qualitativ hochwertiges Angebot von Zeitungen und Zeitschriften. Für die Bundesregierung ist dieses Vertriebssystem deshalb ein unverzichtbarer Teil der deutschen Medienordnung. Ich sehe die aktuelle gerichtliche Auseinandersetzung um die kartellrechtliche Bewertung des Presse-Grosso kritisch, wenn auch mit Blick auf die jahrzehntelange und kartellrechtlich unbeanstandete Praxis gelassen. Ich setze weiterhin darauf, dass Verlage und Grossisten eine einvernehmliche privatwirtschaftliche Lösung finden, um den Bestand des Presse-Grosso auch in Zukunft zu sichern. Sollte sich eine solche auf der Grundlage des geltenden Rechts jedoch wider Erwarten nicht erreichen lassen, wird über gesetzgeberische Maßnahmen nachzudenken sein.

Kinder und Jugendliche begeistern

Die Zukunft von Zeitungen und Zeitschriften hängt maßgeblich davon ab, ob es auch im Internetzeitalter gelingt, Kinder und Jugendliche für diese Medien zu begeistern. Hier sind verstärkte Anstrengungen von Staat und Wirtschaft notwendig. Mit der 2008 von Bundesregierung, Branchenverbänden, Journalistenverbänden und anderen Einrichtungen gegründeten „Nationalen Initiative Printmedien“ nehmen wir diese Aufgabe gemeinsam wahr. Denn die Zukunft des Qualitätsjournalismus liegt in einer komplementären Mediennutzung von Print und Internet.

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