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Verlage als Institution jeder Demokratie

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Über die Notwendigkeit von Presse in einer Demokratie // Beitrag von Prof. Dr. Hubert Burda, Verleger, Hubert Burda Media, Präsident des VDZ | erschienen im Kompendium 'VDZ 2016'

Die digitale Revolution hat alle Gewissheiten früherer Zeiten revidiert und zu einer beispiellosen Transformation jeder Branche geführt. Für uns Verleger markiert die Digitalisierung den Anfang eines fundamentalen Umbruchs: Märkte und Mitbewerber, Leser und Kunden verändern sich und mit ihnen die Realität, in der wir agieren.

Wie erfolgreich wir aber die digitale Welt mitgestalten, beweist der Blick auf die Zahlen: Etwa drei Milliarden Zeitschriften verkaufen die Verlage pro Jahr, jeden Monat geben die Deutschen knapp 250 Millionen Euro hierfür aus. Hinzu kommt, dass sich unsere publizistische Kraft dank der unendlichen Möglichkeiten des Internets potenziert hat – nie waren unsere journalistischen Produkte so gefragt wie heute.

Gerade aber in einer Gegenwart, die uns vor so viele Fragen stellt, braucht jede demokratische Gesellschaft die Presse als Institution, die den Widerstreit der Meinungen ermöglicht. Unser Anspruch als Verleger muss es sein, diesen Status stets aufs Neue zu rechtfertigen, in dem wir die Grundwerte des Journalismus – Freiheit, Unabhängigkeit, Vielfalt und Glaubwürdigkeit – leben und sie verteidigen; insbesondere auch gegen Polemiken, die uns eben diese Werte abzusprechen versuchen.

In Anbetracht der tiefgreifenden Veränderungen unserer gesamten Volkswirtschaft im Zuge der Digitalisierung ist es wichtig, den Austausch über Branchengrenzen hinweg zu führen. Was in der Automobilindustrie, in der Finanzwelt oder im Gesundheitssektor nun erst seinen Anfang nimmt, hat in den Medien bereits Mitte der 90er Jahre begonnen. Es ist daher nur folgerichtig, dass es sich der VDZ zur Aufgabe macht, den dringend nötigen industrieübergreifenden Dialog zu organisieren. Wie kraftvoll unser Verband ist und welche Strahlkraft er auch jenseits der Verlagswelt hat, zeigt sich nicht zuletzt beim Publishers' Summit und bei der Publishers' Night.

Gleichzeitig sehen wir, dass die Politik eine immer wichtigere Rolle spielt. In den vergangenen Jahren war es einfacher, in Europa wirtschaftlich erfolgreich zu sein, wenn man kein europäisches Unternehmen war, da man sich nicht immer an unsere Gesetze halten musste. Doch die neue industriepolitische Ordnung,
die uns endlich ein "Level Playing Field" und damit Chancengleichheit im Wettbewerb sichert, nimmt Formen an. Bald haben wir ein neues Datenschutzrecht, das für alle Unternehmen auf dem europäischen Markt gilt – entscheidend wird jedoch sein, ob es gelingt, die Schlupflöcher zu schließen, die der internationale Datentransfer bisher ermöglichte.

Zudem steht die Harmonisierung des EU-Urheberrechts an, bei der es um die Schaffung eines europaweiten Schutzes für Presseprodukte in der digitalen Welt geht. Auch das Kartellrecht für Verlage bedarf einer Aktualisierung: So ist es für Verlage in der digitalen Realität zwar essentiell, im nicht-redaktionellen Bereich miteinander zu kooperieren, z. B. bei der Anzeigenvermarktung. Oft lässt das Kartellrecht solche Kooperationen aber nicht zu. Das im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigte Vorhaben, solche Kooperationen zu erleichtern, sollte daher bald umgesetzt werden.

Zudem geht es um den politischen Umgang mit digitalen Monopolisten: Wenn die Daten und der Zugang zum Konsumenten in der Hand weniger Unternehmen liegen, ist dies von großem Schaden für das digitale Ökosystem. Immer wieder haben wir darauf hingewiesen, dass es dem Prinzip fairen Wettbewerbs widerspricht, wenn ein Monopolist seine eigenen Angebote miteinander koppelt – und dass die EU-Kommission heute viele Dinge anders sieht als noch vor wenigen Jahren, dürfte auch am Engagement des VDZ liegen.

Bemerkenswert ist jedoch, wie Europas digitale Agenda in den USA aufgenommen wird. Was auf dieser Seite des Atlantiks die Schaffung eines "Level Playing Fields" zum Ziel hat, wird in den Vereinigten Staaten als Protektionismus kritisiert. Hier stehen die europäische Politik und die hiesige Wirtschaft vor der gemeinsamen Aufgabe, dieses Missverständnis auszuräumen.

Die wohl größte Aufgabe unserer Gesellschaft erwächst aber aus dem neuen Kapitel des "Iconic Turn", der als Metapher für die Macht der Bilder steht. 1989 war es das Fernsehen, das die beeindruckenden Bilder vom Fall der Berliner Mauer in die ganze Welt sendete und damit einen epochalen Zeitenwechsel ermöglichte. Ähnlich wirkmächtig sind die Bilder, die heute aus Deutschland um den Globus gehen und die oft große Anteilnahme und Hilfsbereitschaft für Menschen auf der Flucht zeigen. Den Deutschen ist es gelungen, Zuversicht und Herzlichkeit zu vermitteln. Diese große Geste der Menschlichkeit ist eine gute Basis für kluge politische Lösungen.

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