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Weil Verleger mehr sind als Kaufleute

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Die Verantwortung von Verlagen

Detlef Koenig, Mitglied der Geschäftsleitung und Verlagsleiter, Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG, Bonn, Präsidiumsmitglied im VDZ und Vorsitzender des Verbandes der Zeitschriftenverlage in Nordrhein-Westfalen e.V.

Wir erinnern uns: In der Mitte des vergangenen Jahrzehntes rückte das soziale und ethische Handeln von Unternehmen immer mehr in das öffentliche Blickfeld. Ein Treiber dieser Entwicklung waren verstärkte kostenmotivierte Investitionen deutscher Unternehmen in ausländische Standorte, die in der sogenannten „Patriotismusdebatte“ stigmatisiert wurden. Auch umgekehrt stießen Investitionen in deutsche Standorte durch Fonds, die sogenannten „Heuschrecken“, auf massive Ablehnung. Ständige Begleitmusik war im Übrigen die Managerschelte insbesondere wegen hoher Gehälter und Abfindungen. Und einen wirklich spürbaren Vertrauensverlust in das Handeln der Ökonomie brachte die Finanzmarktkrise.

Hohes Anspruchsniveau

Alles zusammen führte dazu, dass sich die öffentliche moralische Anspruchshaltung gegenüber Unternehmen auf ein dauerhaft hohes Niveau eingespielt hat.

Als Antwort darauf schlug der sogenannten „Corporate Social Responsibility“ die Stunde. Unter der Überschrift „CSR“ entstanden immer mehr Initiativen oder systematische Konzepte für den Umgang der Unternehmen mit einer kritischeren Öffentlichkeit – eine Daueraufgabe auch angesichts des erstarkten Verbraucherschutzes, der zunehmend engeren und intimeren Beobachtung durch NGOs und Internet-Gruppen wie vor allem Wikileaks.

Wie sehr trifft diese Situation nun auch unsere Branche, die Zeitschriftenverlage? Wie sehr sind wir Teil der ganzen Wirtschaft, oder gelten für uns andere Bedingungen? Der Schlüssel für die Antwort, ist, zu verstehen, worin die soziale Verantwortung von Verlagen liegt.

 Gleich wie bei allen Unternehmen ist es Grundaufgabe, die unternehmerische, aber damit auch die soziale „Pflicht“, eines jeden Verlags, für die eigene wirtschaftliche Gesundheit zu sorgen. Erfolgreiches Wirtschaften sichert die Zukunft des Unternehmens und der Arbeitsplätze. Und dennoch erlaubt sich mancher Verlag den Luxus – und das ist eine unserer Besonderheiten, die ein nicht-verlegerischer Eigentümer nicht pflegen würde – publizistisch anspruchsvolle, aber geschäftlich weniger erfolgreiche Titel durch Querfinanzierung am Leben zu erhalten.

Ebenso gilt für Verlage die Aufgabe, den wirtschaftlichen Betrieb ethisch und moralisch einwandfrei zu gestalten. Dazu gehört etwa die Umweltpolitik der Verlage, die zum Beispiel zum Ausgleich für den Papierverbrauch ein Waldschutzabkommen mit dem kanadischen Staat vereinbart haben und mit Leben füllen.

Seriöses Unternehmertum ist nicht genug

Doch: Seriöses Unternehmertum und Nachhaltigkeit – das wäre für die Verlage nicht genug. Denn Zeitschriften sind kein Produkt wie Filtertüten oder Schrauben. Sie sind Kommunikationsplattformen, die Menschen und Ideen zueinander bringen, die gesellschaftliche und politische Veränderungen auslösen und verstärken. Sie erst stellen Öffentlichkeit her. Sie können Menschen glücklich oder betroffen machen. Sie können entspannen und unterhalten. Sie wirken sich positiv auf die Lebensqualität der Menschen, ja letztlich stabilisierend auf die Strukturen eines Landes und seiner Ordnung aus. Bei Fachzeitschriften kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Sie transportieren mit ihrer Reichweite in andere Länder das Image und die Stärken exportstarker Branchen und tragen damit zum Auslandserfolg deutscher Firmen ganz wesentlich bei.

Deshalb dürfen ihre Inhalte auch nie sorglos zusammengestellt und beliebig sein, sondern müssen nach bestem Wissen und Gewissen entstehen. Die Verführungen, diesen Rahmen zu verlassen, sind in einer Welt grenzenloser neuer technischer Möglichkeiten und überall frei erhältlicher Inhalte durch Gigaunternehmen wie Apple, Facebook und Google erheblich größer geworden. Doch die redaktionelle Qualität, die Kernkompetenz eines Verlages – das ist den Chefredaktionen und Verlagsleitungen bewusst – muss mehr denn je gepflegt werden. Sozial verantwortungsbewusst zu sein, das betrifft zum Beispiel auch den Umgang mit den Daten der Leser bzw. Kunden, der „heißen Ware“. Hier lassen Verlage wesentlich größere Sorgfalt walten als ihre weniger sensiblen Konkurrenten aus der „neuen Welt“.

Transport wichtiger Anliegen

Schließlich, und das ist der ganz besondere Punkt: Es gibt ein Alleinstellungsmerkmal von Medien, insbesondere von Verlagen – das sind ihre Reichweiten und damit ihre Mobilisierungsmöglichkeiten. Im Bewusstsein dieser Möglichkeiten werden an die Verlage nicht selten wichtige soziale Anliegen herangetragen, die ihre Medienmarken transportieren sollen, und so entsprechen sie dem auf vielfältige Weise, mehr wiederum als viele extrem profitorientierte Anbieter.

Nicht aus externem Impuls, sondern aus der Mitte der Verleger kommt ein aktuelles Beispiel: Die Deutschlandstiftung Integration. Sie hat sich der Integrationsförderung durch Sprache verschrieben und hat jetzt schon Geschichte gemacht. Keine andere Initiative war so durchschlagend bei der Vermittlung des Gedankens der Sprachintegration, keine Initiative ist so prominent bekannt. Warum? Die Verlage haben sich in die Konzeption der Initiative nach innen eingebracht, vor allem aber auch nach außen mit kostbarem und zugleich – für die Initiative – kostenlosem Anzeigenraum. Und so entsprechen viele Verlage Anfragen und Wünschen nach dem Transport wichtiger gesellschaftlicher Anliegen. Dieses, nicht unmittelbar nur monetär bedingte Vorgehen zeichnet sie aus und hebt sie von dem Handeln neuer Infrastrukturanbieter ab.

Fazit: Die Verlage erfüllen die Ansprüche eines gerade von der deutschen Gesellschaft eingeforderten hohen Verantwortungsniveaus nach innen. Zudem verantworten sie, weil sie Öffentlichkeiten herstellen, weil sie Menschen verbinden, ein hohes Gut nach außen. Diesem werden sie gerecht – nicht als nüchterne Kaufleute, sondern als Verleger. Es wäre gut, mit diesem (Selbst-) Bewusstsein zu handeln und dieses Wissen auch in Gesellschaft und Politik zu transportieren. Damit nicht in Vergessenheit gerät, was Verleger sind: Multiplikatoren von Informationen, Geist und Unterhaltung mit einem hohen sozialen Wirkungsgrad.

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