Corint Media: Das neue Urheberrecht und der Weg zur angemessenen Vergütung für Presseinhalte
Nach der politischen Einigung in der Koalition ging es schnell – mit der Annahme des Gesetzes am 20. Mai im Bundestag und der Zustimmung des Bundesrates am 28. Mai wurde die Reform des Urheberrechts bereits am 4. Juni im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist in Kraft getreten. Deutschland hat damit die DSM-Richtlinie fristgerecht zum 7. Juni 2021 umgesetzt. Aus Sicht der Presseverleger, für die VDZ, BDZV, VDL und Corint Media gemeinsam gestritten haben, sind drei Punkte besonders relevant: das Leistungsschutzrecht, das Vervielfältigungsrecht sowie die erlaubte, aber vergütungspflichtige Nutzung von Inhalten im Bereich Social Media.
Im Vergleich zum „alten“ Presseleistungsschutzrecht (PLSR) von 2013 ist das neue Recht weiter und umfasst Online-Textnutzungen durch alle sogenannten Dienste der Informationsgesellschaft – also unabhängig davon, ob es sich dabei um Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder News-Aggregatoren handelt (§ 87g UrhG). Ausgenommen vom Schutz sind die private oder nicht kommerzielle Nutzung einer Presseveröffentlichung ebenso wie die einzelner Wörter oder sehr kurzer Textausschnitte. Diese und auch Hyperlinks können erlaubnisfrei genutzt werden. Ergänzt wird dieses Recht zugunsten der Verleger durch das exklusive Vervielfältigungsrecht, das grundsätzlich jede Form der Vervielfältigung von Presseinhalten schützt.
Hinzu kommt im Bereich des User-Generated Content (UGC) die nach §§ 9, 10 Urheberrechtsdiensteanbietergesetz (UrhDaG) erlaubte, aber vergütungspflichtige Nutzung von Textinhalten (bis 160 Zeichen), Film- und Tonaufnahmen (bis 15 Sekunden Länge) sowie Fotos (bis zu einer Größe von 125 Kilobyte). Diese Inhalte dürfen bis zu den genannten Grenzen erlaubnisfrei vom User genutzt werden, wobei die Plattformen, bei denen die Inhalte hochgeladen werden, die Rechteinhaber dafür zu vergüten haben (§§ 5, 12 UrhDaG). Nach den Vorstellungen des Bundesjustizministeriums soll mit dem UrhDaG besonders Artikel 17 DSM-Richtlinie umgesetzt werden, wobei das Gesetz erst zum 1. August 2021 in Kraft tritt.
Mit dem UrhDaG wird allerdings ein eigenes Haftungs- und Vergütungssystem etabliert, das nach Einschätzung der Corint Media erheblich über den Spielraum hinausgeht, den Artikel 17 DSM-Richtlinie für die Umsetzung lässt. Nach den von der Europäischen Kommission festgelegten Kriterien müsste das UrhDaG daher durch die Bundesregierung notifiziert werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. Ohne eine solche Notifizierung bei der Kommission könnte sich nämlich beim UrhDaG das wiederholen, was schon durch die unterlassene Notifizierung des alten PLSR 2013 passiert ist – der EuGH könnte die Verletzung der Notifizierungspflicht feststellen mit der Folge, dass das UrhDaG nicht anwendbar wäre. Dieses hat die Corint Media der Bundesregierung bereits mitgeteilt.
Abgesehen davon ist die Situation der Verleger heute aber grundlegend anders zu bewerten als 2013. Denn durch die bereits im Januar 2021 wirksam gewordene Novelle des Wettbewerbsrechts ist das Bundeskartellamt heute in der Lage, wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen der großen Digitalkonzerne zu unterbinden. So hat das Bundeskartellamt auf die Beschwerde der Corint Media hin am 4. Juni ein kartellrechtliches Missbrauchsverfahren gegen Google News Showcase eingeleitet. Untersucht wird der Verdacht, ob die nicht teilnehmenden Verleger missbräuchlich benachteiligt und die Durchsetzung des PLSR für alle Verleger verhindert wird.
Dass das Verlegerrecht erfolgreich monetarisiert werden kann, zeigt der erste Lizenzvertrag, den die Corint Media bereits am 7. Juni mit dem News-Aggregator UPDAY geschlossen hat. Weitere Verhandlungen stehen bevor, Corint Media ist auch hier an der Seite der Verlage.
erschienen in PRINT&more 2/2021 | Autor: Dr. Joachim Jobi, Leiter Public Affairs, Corint Media