Mode, Illusionen, Trends
"Der Mode entkommt man nicht, denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode." Kaiser Karl, wie man den deutschen Tausendsassa und Modedesigner Karl Lagerfeld in Modekreisen gerne nennt, muss es wissen, schließlich ist der seit mehr als sechs Jahrzehnten in Paris lebende Kreativdirektor des Modehauses Chanel im Fashion Business tätig. Doch nicht nur er, der tagtäglich mit Mode zu tun hat, weiß, dass sie ein essenzielles Kulturgut und zeitgeistliches Phänomen ist, sondern auch die vielen Leser der Modemagazine unseres Landes.
Modejournalismus verkauft
Der Modejournalismus hat sich jedoch gewandelt und statt "nur" über die aktuellen Trends zu berichten, sind Modemagazine heute mit dafür verantwortlich, dass sie überhaupt entstehen und Relevanz haben. Bestes Beispiel dafür ist das britische Magazin »Porter« mit einer Auflage von 152.000 Exemplaren. Was viele jedoch nicht wissen: "Porter" ist keine klassische Modezeitschrift, auch wenn sie auf den ersten Blick durchaus als solche durchgehen könnte. Denn hinter "Porter" steckt Net-A-Porter, der Luxus-Online-Shop mit monatlich 27,1 Millionen Besuchern. Die Verschmelzung von Kommerz, Journalismus und Mode wird hier zum Paradebeispiel. Ja, es gibt eine Relation zwischen Inhalt, Anzeigen und Shop-Produkten, aber die Grundidee des Magazins ist die gleiche wie die des Modejournalismus im Allgemeinen: das Wecken von Begehrlichkeit, die ästhetische Darstellung von Kleidung und eine Kreation von Traumwelten. Oder wie Moritz von Laffert, Herausgeber und Geschäftsführer von Condé Nast Deutschland, es beim Kaminabend des Verbandes der Zeitschriftenverlage in Bayern vergangenes Jahr auf den Punkt brachte: "Wir müssen Medien als Marke begreifen." Genau diesem Aufruf kommen die Medienhäuser nach.
Vom Medium zur Marke
Die beliebte Mode-Website www.style.com, auf der man direkt nach den Modenschauen die Looks und Kritiken der Shows sehen konnte, wurde im April 2015 von Condé Nast übernommen und soll zu einer E-Commerce-Plattform ausgebaut werden. Ziel ist es, dass die Leser der Condé Nast-Publikationen (u. a. "Vogue", GQ, "Glamour", "Myself") Produkte aus den Magazinen direkt online kaufen können. Ein Zeichen für die immer schnelllebigere und sich kontinuierlich verändernde Modewelt. Früher warteten modebewusste Frauen nach den Haute-Couture-Schauen sehnsüchtig auf die wenigen renommierten Modemagazine, um die neuesten Trends für die kommende Saison unter die Lupe zu nehmen. Heute werden sämtliche Fashion-Shows direkt von Bloggern, Einkäufern und auch den Modejournalisten selbst im Sekundentakt live auf Instagram, Facebook, Snapchat und Twitter verbreitet.
Auf allen Kanälen
Wie wichtig Online ist, wissen auch die hiesigen Modezeitschriften. Alle haben sie große Websites und zahlreiche Facebook- und Instagram-Fangemeinden: "Vogue" begeistert mit ihren Posts 248.646 Facebook-Fans, "Elle" 233.071, "Harper's Bazaar" hat 130.132 Facebook-Anhänger und "Madame" bildet mit 28.223 Facebook-technisch das Schlusslicht. Doch was laut Moritz von Laffert Luxus ausmacht, ist die Beständigkeit im Wandel. Natürlich kann man online genauso Produktbilder betrachten und sich einen Eindruck der aktuellen Designereinfälle verschaffen, das kommt jedoch nicht gegen professionell fotografierte Modestrecken in traumhaften Locations, mit echten Models und gedruckt auf hochwertigem Papier an. Diese Haptik und Qualität kann so schnell keine Website erschaffen.
Tradition und Qualität im Print
Und genau jene Hochwertigkeit ist es, die so gut zur Modebranche passt und der Grund dafür ist, dass Modemagazine nach wie vor als Printausgaben funktionieren, wie die Quartalszahlen zeigen: Die "Madame" verkaufte im Quartal 4/2015 100.186 Exemplare, die deutsche "Vogue" 116.165 und "Harper's Bazaar" 79.120. Sieger in der verkauften Auflage von Modemagazinen ist Burdas "InStyle" mit 362.391 verkauften Ausgaben. In der sich immer schneller drehenden Branche, die so sehr nach Innovationen und neuen Ideen strebt, bieten die Magazine Beständigkeit und eine gewisse Nostalgie.
Storytelling für große Marken
Modemarken haben das erkannt und beschäigen (Mode-)Journalisten, um Kundenmagazine zu erstellen. Die betuchte Klientel möchte nämlich mehr als nur trendige Kleidung kaufen, sie will ganz und gar in die Welt der Marke eintauchen und das funktioniert nach wie vor am besten durch Storytelling der feinsten Art. H&M, die Premium-Kaufhäuser der Karstadt-Gruppe wie KaDeWe, Alsterhaus oder Oberpollinger, aber auch s.Oliver begeistern dank Kundenmagazinen mit sorgfältig recherchierten Artikeln, spannenden Interviews und, den unternehmerischen Aspekt natürlich nicht aus dem Auge lassend, mit ästhetisch zusammengestellten Legeseiten, wo selbstverständlich auch die Produkte zum Einsatz kommen. Die Verlagshäuser Gruner + Jahr, Condé Nast und auch Burda haben den Bedarf erkannt und bieten solche Corporate-Publishing-Dienstleistungen direkt an: G+J Corporate Editors, die Condé Nast Manufaktur und Burdas C3 sind Agenturen, die für Marken und Unternehmen maßgeschneiderten Content kreieren. Damit auch künig der Modejournalismus professionell und sowohl online als auch im Print erfolgt, sorgt die Branche nun selbst für Nachwuchs. In London führt das Condé Nast College seit 2013 Studenten aus aller Welt in die Welt des Modejournalismus ein und rekrutiert dabei auch gleich den ein oder anderen Absolventen. Mit Studiengebühren für den Bachelorkurs in Höhe von 27.000 Pfund pro Jahr seinerseits ein Zeichen der von Luxus und Illusion getriebenen Modejournalismus-Branche.