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PRINT&more, Segment, Fachpresse

Schlüssel einer wissenstarken Gesellschaft

Köpfe & Porträts Erstellt von Eva Wienke, Journalistin und Kommunikationsberaterin

Ergebnisse einer neuen Print&more - Umfrage unter Fachverlagen | erschienen in PRINT&more 2/ 2017

Deutsche Fachmedienhäuser haben sich zu multimedialen Informations-und Kommunikationsdienstleistern entwickelt. Während das Kerngeschäft immer noch die Fachzeitschriften sind, findet Kundennähe heute crossmedial statt. Auch 2016 konnte die Fachpresse ihren Wachstumskurs mit einem Umsatzplus von 2,4 Prozent auf 3,43 Mrd. Euro fortsetzen und für 2017 ist man ebenfalls optimistisch. Über 350 der oft hochspezialisierten Fachverlage sind Mitglied im VDZ.

Digitale Medien stärken die Fachpresse

Für die Schickler Unternehmensberatung gibt es dafür mindestens einen guten Grund. Im Vorwort zur Studie "Der B2B-Medien-und Informationsmarkt in Deutschland 2016" heißt es: "Die in diesem Markt erzeugten Leistungen sind zentraler Bestandteil einer wissensstarken Gesellschaft und tragen maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei."  

Print&more hat bei den Fachverlagen nachgefragt, worauf das erfolgreiche Wirken basiert, wie sie die digitale Transformation einschätzen, ob Kooperationen eine strategische Option sind und worauf es in Zukunft im Markt der Fachmedienhäuser ankommt.

Bedarf nach Need-to-Know Inhalten

Laut Gerrit Klein, Geschäftsführer Ebner Verlag, Ulm, liegt der Erfolg auch in der Nachhaltigkeit: "Im Unterschied zu den meisten anderen Medien können Fachmedien Need-to-Know Inhalte liefern. Wohlgemerkt: können. Denn nicht immer ist der Fall, zu viele Fachredakteure denken noch in veralteten, News-orientierten Kategorien. Aber prinzipiell sind Fachmedien gegenüber jedem reinen Nachrichten-Medium im Vorteil. Nachrichten verpuffen schnell und sind Commodity, Fachinformationen können Evergreen Charakter haben und lange wirken."

Ähnlich sieht es Dr. Alfons Schräder, Geschäftsführer Heise Medien, Hannover: "Fachartikel haben – vor allem, wenn es sich um Grundlagen oder Erklärstücke handelt – eine viel längere ‚Haltbarkeit‘. Darüber hinaus haben die meisten Fachmedien gelernt, dass es neben Print auch viele weitere interessante Ausprägungen der Wissens- und Kontaktvermittlung gibt, wie beispielsweise Digitalausprägungen, Events, Workshops, Leadgenerierung."

Crossmediales Umdenken treibt voran

York von Heimburg, Vorstand IDG Communications Media AG und Geschäftsführer von IDG Business Media, München, ist überzeugt, das frühes crossmediales Umdenken ein Grund für die gute Verfassung des Marktes ist: „Die Fachmedien waren die erste Mediengattung, die die Vorteile der Mehr-Kanaligkeit von Medien bei der Leserbindung und Kundenansprache erkannt hat. Daraus hat sich nicht nur ein hervorragend funktionierendes Geschäftsmodell entwickelt, sondern auch das ohnehin besonders ausgeprägte Vertrauensverhältnis zwischen Leser und Medium weiter vertieft. Den meisten Fachverlegern war zudem früh klar, dass eine dauerhafte Protektion des reinen Print-Kanals langfristig den Untergang bedeutet.

Größter Wachstumstreiber der Fachmedienhäuser sind die digitalen Medien, deren Anteil an den Gesamtumsätzen mittlerweile 21,0 Prozent beträgt. Erfolg und Status der digitalen Transformation wird von den Fachverlagen durchaus unterschiedlich beurteilt. Dazu folgende Stimmen:

Alexander Holzmann, Verleger Holzmann Medien, Bad Wörishofen: "Bis jetzt haben wir nur sehr wenige Kunden durch das Internet komplett verloren. Natürlich gibt es heute viel mehr Wege und Kanäle für Kunden werblich präsent zu sein. Aber wir Fachverlage können ja heute auch nicht nur Print, sondern bieten vielfältige Kommunikationslösungen digital, in Veranstaltungsformaten, mit Content- Marketingmodellen oder Corporate Publishing-Angeboten. Im Idealfall ersetzt dieser Umsatz dann nicht verloren gegangene Erlöse, sondern kommt als Sahne oben drauf."

Gerrit Klein sieht hingegen durchaus Nachholbedarf: "Es wird viel experimentiert, beileibe nicht alle Fachverlage haben eine erkennbare Strategie."

Kompetente Fachkräfte sind unverzichtbare Kräfte

Voraussetzung für eine gelungene digitale Transformation ist auch in der Fachpresse, neben der Investitionsbereitschaft und der Notwendigkeit neue Strukturen zu schaffen, die Gewinnung guter Fachkräften. Wie in anderen Branchen, hat auch hier der digitale Wandel das Berufsbild des Redakteurs maßgeblich verändert: Die Aufgabenfelder nehmen zu und die Arbeitsverdichtung steigt. Dazu heißt es in der aktuellen Chefredakteursbefragung: "Neben den konstanten Kernaufgaben wird im Vergleich zur letzten Chefredakteursumfrage 2015 Digitalkompetenz für Fachredakteure immer wichtiger, die auf Platz 3 der genannten Kompetenzen liegt. Dicht gefolgt wird sie von Zeit- und Selbstmanagement, die in Zeiten zunehmender Arbeitsverdichtung weiter an Bedeutung gewinnen. Zudem werden auch Fähigkeiten außerhalb des redaktionellen Kernbereichs wichtiger, unternehmerisches Denken landet etwa auf Platz 7 – nach Kommunikations- und Social-Media-Kompetenz. Nachholbedarf, so ein weiteres Ergebnis, gibt es bei der IT-Ausstattung der Redaktionen. Während DTP-Systeme und Online-CMS überwiegend im Einsatz sind, arbeitet ein relevanter Teil der Redaktionen noch ohne zeitgemäße integrierte Redaktionssysteme."

Kooperationen als strategische Option im Anzeigen- und Vertriebsmarkt, ein Modell, das in der Publikumspresse seit Jahren diskutiert und mit unterschiedlichen Erfolgen praktiziert wird, steht auch in der Fachpresse zunehmend auf der Agenda. Hier kommen die Verantwortlichen zwar zu unterschiedlichen Einschätzungen, aber es gibt auch eine Schnittmenge. Alexander Holzmann glaubt, dass Verlage in Zukunft viel stärker über Kooperationen nachdenken müssen, bezweifelt aber, dass schon die Mehrheit dazu bereit ist. York von Heimburg hält das Modell prinzipiell für eine Option für Fachmedien, allerdings sei es wegen der Marktstruktur und der Unterschiedlichkeit der Kundenkreise sehr viel schwieriger in der Umsetzung als bei der Publikumspresse. Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit sieht er vor allem im hoch investiven Digitalgeschäft – beispielsweise bei einem komplexen Datenprodukt und im Bereich Technologie. Gerrit Klein sieht es so: "Für manche ist es geradezu zwingend, um zu überleben. Andere werden den Teufel tun."

Berufsnetzwerke – Konkurrenten oder Kooperationspartner?

Bei der Frage "Wie schätzen Sie die Konkurrenz aus den Berufsnetzwerken wie Xing ein?" herrscht Übereinstimmung dahingehend, dass der Nutzen größer ist als der Schaden. Alexander Holzmann sieht Xing nicht so sehr als Konkurrenz, sondern als Chance, Berufsnetzwerke ebenso wie auch diverse Social-Media-Plattformen, im Sinne einer Reichweitensteigerung zu nutzen: "So haben wir mit unserer Publikation Health & Care Management auf Xing bereits rund 10.000 Follower." 

Auch für York von Heimburg ist Xing keine Konkurrenz, sondern ein sinnvoller Kooperationspartner: "Wir binden Xing und andere Berufsnetzwerke sehr effizient in unsere Informationsangebote ein und nutzen diese Netzwerke vermehrt, auch um damit bei bestimmten Projekten wirtschaftliche Ziele zu erreichen." Dr. Alfons Schräder ist der Meinung, dass die Konkurrenz eher das Geschäft belebt, als dass sie hinderlich ist.

Gerrit Klein bezeichnet Berufsnetzwerke als Wettbewerber und Partner zugleich: "Alles, was um die Aufmerksamkeit der Nutzer buhlt, ist Konkurrenz. Denn diese Aufmerksamkeit ist ein endliches und knappes Gut. Also sind nicht nur Xing und LinkedIn, sondern auch Facebook, YouTube etc. Konkurrenten um die Aufmerksamkeit. Und gleichzeitig Partner in der Erreichbarkeit der Zielgruppe. Denn alle Netzwerke bilden wichtige Zugangswege aus. Insofern arbeiten wir gerne mit Social Networks zusammen und gucken, wie wir gemeinsam mehr erreichen können."

Klaus Krammer, Krammer Verlag Düsseldorf, kommt zu einer anderen Einschätzung: "Natürlich stellen Netzwerke wie Xing oder Linkedin ernstzunehmende Wettbewerber da. Einerseits dringen sie in unsere Werbemärkte ein und andererseits bedrohen sie unsere Alleinstellungsmerkmal als Branchenportal."

Erstmals wurde auch bei der Chefredakteursbefragung der Deutschen Fachpresse die von den Fachredaktionen bespielten Social-Media-Kanäle abgefragt. Das Ergebnis deckt sich mit den Statements der Verlagsmanager. Hier haben die großen reichweitenstarken Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube den größten Stellenwert aber auch die Business-Netzwerke LinkedIn und Xing sind relevant. Andere digitale Plattformen wie Instagram, Pinterest und Snapchat haben hingegen kaum Bedeutung für Fachmedien. Bei der Frage nach den wichtigsten Trends und Herausforderungen der nächsten Jahre steht wenig überraschend die weitere digitale Transformation im Mittelpunkt.

Generierung, Aufbereitung und Nutzung digitaler Daten

Für Dr. Alfons Schräder sind folgende drei Punkte entscheidend: "1. Digitalisierung der Prozesse:  Bei der Digitalisierung der Produkte in den Fachverlagen hat sich schon sehr viel getan. Wichtig ist jedoch auch die Digitalisierung der Prozesse innerhalb der Verlage voranzutreiben. Stichworte sind hier digitale Produktionssysteme, Reportingsysteme, Business Intelligence oder automatisiertes Marketing. Da gibt es noch jede Menge zu tun. 2. Bessere Nutzung der vorhandenen Daten (und das Thema Datenschutz):  Insbesondere mit Blick auf kommende neue EU-Datenschutzregelungen ist es wichtig, dass die Verlage neue und effizientere Wege im Umgang mit ihren Daten finden und ihre Nutzer noch besser kennenlernen. 3. Ausbau der digitalen Nutzung und Monetarisierung: In Zeiten wachsender Mobilität und der verstärkten Nutzung mobiler Endgeräte ist es wichtig, dass Fachverlage ihre Anstrengungen nochmals deutlich zu erhöhen, um ihre digitalen Angebote attraktiver zu machen und die Nutzer zu begeistern. Direkt daran hängen dann weitere Herausforderungen in der Monetarisierung der digitalen Inhalte, um die notwendigen Investitionen in das Digitalgeschäft auch refinanzieren zu können."

York von Heimburg hält die Generierung, Aufbereitung und Nutzung digitaler Daten für eine der wichtigsten Zukunftsressourcen: "Zuallererst geht es um Daten, Daten, Daten. Da geht es darum, wie effizient sie gewonnen werden können, wie sie genutzt und monetarisiert werden oder welche technologischen Entwicklungen sowie Skills dafür nötig sind. Ein weiterer Trend sind crossmediale Services, die sehr kundenindividuell aufgesetzt werden und die dem Kunden dabei helfen, seine Marketingziele effizient zu erreichen."

Gute Inhalte kosten

Für Alexander Holzmann haben neben der Digitalisierung Fragen, wie man geeignete Mitarbeiter für die sich wandelnden Berufsbilder findet und sicherstellt, dass die Zielgruppen bereit sind, für gute Inhalte auch Geld zu bezahlen, höchste Priorität.

Klaus Krammer mahnt: "Wir dürfen bei allem Engagement unsere Branchenkompetenz nicht aus dem Auge verlieren, denn unsere Stärken liegen in Nischen, die keiner so gut zu bedienen weiß, wie wir Fachmedienhäuser."

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