Distribution Summit 2024 – Keynote Speaker im Interview
Beim Kongress der Pressevertriebsbranche am 2. und 3. September in Hamburg dreht sich alles um die relevanten Branchenthemen wie Paid Content, den Einsatz künstlicher Intelligenz, Abo-Modelle sowie Chancen und Nutzen von zusätzlichen Erlösquellen. Den Blick voraus auf den Distribution Summit hat MVFP impuls einigen Speakern und Speakerinnen Fragen zur Zukunft des Pressevertriebs gestellt.
MVFP impuls | Was ist für Sie im Abo-Geschäft aktuell das drängendste Thema und warum?
Vanessa Gatzen (ZEIT ONLINE) | Wir sehen derzeit zwei Herausforderungen: Unsere Website und App sind derzeit Haupttreiber für den Verkauf von Digitalabos. Um die Abo-Produktion zu steigern, brauchen wir wachsende Reichweite – auch um neue Nutzergruppen zu erreichen, die bislang wenig oder keine Berührungspunkte mit uns hatten. Die zweite Herausforderung ist unserem Erfolg in den letzten Jahren geschuldet. Dieser hat zu einem starken Wachstum des Abo-Bestands geführt. Dieses Wachstum wird jedoch durch eine hohe Kündigungsquote beeinträchtigt. Daher ist die Kündigervermeidung unter unseren bestehenden Abonnentinnen und Abonnenten ebenso entscheidend, um nachhaltig zu wachsen. Für beide Herausforderungen arbeiten wir u. a. an Themen wie Personalisierung (z. B. durch KI), Steigerung des Engagements, Ausbau unseres Angebots u. v. m.
Christine Otter (Sales Impact GmbH) | Ganz generell besteht unsere größte Herausforderung darin, die durchschnittlichen Abo-Haltbarkeiten und die damit verbundenen Lifetime Values unserer Abos zu stabilisieren. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Speziell im Printgeschäft stellt sich darüber hinaus die Frage, wie es gelingt, für die nächsten Jahre eine akzeptable und wirtschaftliche Zustellung deutschlandweit aufrechtzuerhalten. Denn alle Produkt- und Marketinganstrengungen sind nichts wert, wenn wir Kunden hier immer wieder enttäuschen.
Torben Sieb (SPIEGEL-Verlag) | Das Abo-Wachstum hat sich zuletzt branchenweit spürbar verlangsamt. Gleichwohl halten wir an unserem Ziel fest, die Abo-Zahlen zu steigern, um unsere Umsatzziele zu erreichen und so eine nachhaltige Finanzierung für unseren Journalismus sicherzustellen. Deshalb bauen wir die digitalen Bezahlangebote der SPIEGEL-Gruppe weiter aus. So erreichen wir mit einem erweiterten Themenspektrum neue Kunden und halten unsere Bestandsabonnenten. Entscheidend wird auch sein, dass wir unsere Marktausschöpfung durch neue Angebotsvarianten und schlaues Pricing verbessern.
Ist das Abo ein Zukunftsmodell oder welches Modell klingt für Sie erfolgversprechend für die Zukunft?
Noreen Lengdobler (heise medien) | Schaut man sich in anderen Branchen um, sind Abo-Modelle weiterhin im Trend. Die Zukunft liegt darin, Abo-Modelle exibler zu gestalten und dem Markt und den Bedürfnissen der Kunden anzupassen – vom Vielnutzer bis zum sporadischen Leser. Da gibt es nicht das eine Modell, das für alle funktioniert.
Gatzen | Das Abonnementmodell bleibt für uns auch in Zukunft ein tragfähiges und erfolgversprechendes Geschäftsmodell. Allerdings sollten wir uns auch in angrenzende Themen und Angebote vorwagen neben unserem Nachrichten-Kerngeschäft, um niedrigschwellig neue Nutzerinnen und Nutzer in ein Abo zu ziehen.
Geht es heute überhaupt noch ohne zusätzliche Erlösquellen wie Podcasts, Newsletter und Co.?
Cecil von Busse (POLITICO) | Ja, das geht. Meines Erachtens kommt es in letzter Instanz auf den Inhalt und eine möglichst zielgruppengerechte Verteilung an, nicht auf das Medium als solches. Zudem zeigen viele Beispiele ja, dass Podcasts und Newsletter nicht mehr als Nebenprodukte betrachtet werden sollten, sondern teilweise journalistische Kernprodukte darstellen – und somit Haupteinnahmequelle für manche Unternehmen sind.
Welche zusätzliche Erlösquelle ist für Sie am erfolgversprechendsten?
Busse | POLITICO hat international mit der Kombination aus B2B-Lizenzen, Werbevermarktung und Veranstaltungen ein sehr robustes und nachhaltiges Geschäftsmodell aufgebaut. Für uns spielen somit verschiedene Erlösquellen eine Rolle. Die Mischung macht’s.
Engagement ist eine zentrale Kenngröße sowohl im E-Commerce als auch im Abo-Geschäft von Verlagen. Wie schafft es OTTO mit seinem Angebot unverzichtbar für die Kunden zu sein, sodass sie immer wieder bestellen, und was können Verlage hiervon lernen?
Henrieke Hentschel (OTTO) | Um Kundenbindung und Engagement zu steigern, drehen wir bei OTTO an verschiedenen Stellschrauben: Wir optimieren Sortimentsauswahl und Preisgestaltung, unsere Services bis hin zu Website- und App-Features sowie CRM-Ansätze, wie unser Loyalty-Programm OTTO UP. Und das alles datenbasiert. Wir schauen uns genau an, was Kundinnen und Kunden überhaupt bindet und was nicht. Dieses fundierte Wissen über faktische Vorteile, emotionale Bindungsfaktoren und aktuelle Pain Points ist auch für Verlage notwendig, um weiterhin Kundinnen und Kunden zu begeistern.
Der MVFP Distribution Summit findet am 2. und 3. September 2024 in Hamburg statt. Hier können Sie sich anmelden.