BV Abo: Gemeinsamer Blick auf den Verbraucher?
Ende Oktober 2021 fand eine digitale Diskussionsrunde des Bundesverbandes Abonnement mit Verbraucherschutzstaatssekretär Prof. Dr. Christian Kastrop statt. Gesprächspartner von Staatssekretär Prof. Dr. Christian Kastrop (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)) waren Prof. Dr. Christoph Fiedler, Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Dr. Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) sowie Martin Lange, Vorsitzender des Bundesverbandes Abonnement. Als angemeldete Teilnehmer angeschlossen waren rund 50 Gäste u.a. aus anderen Verbänden, wie dem Deutschen Dialogmarketing Verband, dem Bundesverband Direktvertrieb, dem BDZV, dem BDI und dem Lebensmittel-Verband.
Zusätzliche Einschränkungen von Angebotsvarianten für Verbraucher
Auf die bereits beschlossenen neuen Regelungen aus dem Gesetzespaket „faire Verbraucherverträge“ angesprochen, erklärte der Staatssekretär, im Mittelpunkt der Überlegungen stünde der Schutz der Verbraucherinteressen, worauf sich eine Diskussion über die grundsätzliche Frage anschloss, wie sehr die Politik den Verbraucher vor eventuell ungewollten Bindungen schützen müsse.
Als Beispiel nannte Martin Lange die ab nächstem Jahr geltende Regelung, dass ein kurzfristiges Probeabonnement nicht mehr in einen längerfristigen Vertrag mit einer Mindestvertragslaufzeit übergehen dürfe, wie dies bisher möglich ist. Dies werde die Angebotsvielfalt massiv einschränken und es dem Verbraucher schwerer machen, für einen begrenzten Zeitraum ein Produkt, eine Zeitschrift, oder Zeitung zu testen. Hierzu werde man seitens betroffener Verbände auch kurzfristig noch einmal mit einem Nachbesserungsvorschlag auf die Politik zugehen. Schließlich berührten derartige Einschränkungen der Vertragsfreiheit massiv die Möglichkeit, interessierte Verbraucher zu Kunden, Lesern oder Abonnenten werden zu lassen. Sowohl Lange als auch Prof. Dr. Fiedler vom VDZ wiesen in diesem Zusammenhang auf die wachsende Bedeutung des Abonnementvertriebs für eine Vielzahl von periodischen Publikationen hin.
Staatssekretär Prof. Kastrop betonte einen fairen Ausgleich zwischen Verbrauchern und Werbewirtschaft: „Ich bin dafür, sich einzelne Aspekte genau anzusehen und für einen fairen Interessensausgleich bei der Regulierung zu sorgen.“ Hinsichtlich des Verbraucherverhaltens und der von Martin Lange erwähnten Auswirkungen auf Abo-Geschäftsmodelle seien „evidenzbasierte“ Informationen notwendig.
Lange betonte auch, dem Verbraucher weiterhin die Möglichkeit einzuräumen, einen Zweijahresvertrag einzugehen und gleichzeitig allgemein die Kündigungsfristen auf einen Monat zu verkürzen, seien Inhalte im neuen Gesetz, die der Verband auch unterstützen kann.
Vertragssicherheit im Fernabsatz
Die neuen gesetzlichen Vorgaben zu Vertragslaufzeiten, Kündigungsfristen und dem neuen Online-Kündigungsbutton sind das eine, die Vertragsanbahnung das andere. Prof. Christoph Fiedler vom VDZ legte die Werbewege für Presseprodukte dar, bei denen das Telefonmarketing für „erklärungsbedürftige Produkte ohne Ladenlokal“ weiterhin eine entscheidende Rolle spielt. Dieser Vertriebskanal sei gesetzlich heute bereits nur mit vorheriger Einwilligung des Verbrauchers möglich. Zudem gebe es sehr klare, verbraucherfreundliche Informationspflichten und Widerrufsmöglichkeiten, so Martin Lange ergänzend. Staatssekretär Prof. Kastrop zeigte sich hier mit Blick auf Forschungsprojekte offen für eine Diskussion und bat die Verbände, hierzu weitere Fakten zu liefern.
Aber auch auf europäischer Ebene, so Prof. Christoph Fiedler und Dr. Bernd Nauen, drohten Einschränkung für die Werbewirtschaft und das Marketing von Verlagen, u.a. durch die im Beratungsstadium befindliche e-privacy-Verordnung.
Klein- und mittelständische Werbewirtschaft (KMU) und „Megaplattformen“
Nicht nur datenschutzrechtlich, auch wettbewerbsrechtlich ist die Einwilligung des Verbrauchers Dreh- und Angelpunkt. Staatssekretär Prof. Kastrop sieht hier ein Spannungsfeld zwischen klein- und mittelständischen Firmen und den „Megaplattformen“. Für den ZAW betonte Dr. Bernd Nauen, dass die Politik sich hier bei den europäischen Initiativen konkret dazu bekennen müsse, von den Unternehmen benötigte und legitime Geschäftsmodelle zu erhalten, und das Einwilligungsmanagement nicht weiter erschwert werden dürfe. Dazu gehöre, dass „Einwilligungsabfragen von Verlagen ungehindert möglich sein müssten und erteilte Einwilligungen auch tatsächlich unmittelbar genutzt werden können“. Abfrageverbote oder Eingriffe in Kundenbeziehungen durch Gatekeeper-Plattformen und Datentreuhändler seien Gift für die werbliche Refinanzierung und den digitalen Vertrieb von digitalen Pressprodukten. Es sei, so Nauen, eine „Tatsache, dass Verbraucher und Leser immer stärker auch digitale Produkte nutzen. Sie seien bereit, hierfür zu bezahlen, wollen aber auch entgeltlos Angebote in Anspruch nehmen, also werbefinanziert.“
Staatssekretär Prof. Kastrop bedankte sich nach dem kompakten etwa einstündigen Dialog für die „wichtigen Hinweise“ aus der Wirtschaft.