Philipp Welte auf Bild.de: „Wir müssen Antisemitismus als solchen benennen“
Aus dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte heraus entstand eine Republik, deren Fundament der unbeirrbare Glauben an die Freiheit ist. Deshalb haben wir heute das Privileg, in einer Demokratie leben zu dürfen, die sich zur Freiheit der Meinungen bekennt.
Was sich jetzt aber auf vielen Straßen in Deutschland abspielt, hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Wir sehen einen Mob, der vor Synagogen antisemitische Parolen brüllt. Wir sehen, wie israelische Fahnen brennen und damit zur Auslöschung des Staats Israel aufgerufen wird. Wir sehen blanken Hass gegen Juden unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit.
Diesen perfiden Missbrauch der Meinungsfreiheit dürfen wir nicht hinnehmen. Wer jetzt gleichgültig zusieht und solche widerlichen Akte zu gewöhnlichen Meinungsäußerungen verklärt, verkennt die ganz reale Gefahr für all das, an was wir glauben. Wir alle stehen in der Verantwortung, uns diesem Treiben entschieden entgegen zu stellen, damit Fanatismus, Gewalt, Hass und Hetze gegen Juden verbannt bleiben in eben jenen dunklen Teil unserer Geschichte.
Eine besondere Verantwortung haben dabei wir, die Medien. Wir stehen für die Freiheit der Meinungen in unserer pluralistischen Demokratie. Wir leben von dieser Freiheit, und wir müssen für diese Freiheit eintreten – auch gegen ihren Missbrauch. Es ist Teil unserer Verantwortung in dieser Republik, Antisemitismus als solchen zu benennen. Wer ihn verschweigt, übersieht oder als legitimen Ausdruck der Meinungsfreiheit verharmlost, verrät viel mehr als nur die Ideale des Journalismus. Er verrät die Wurzeln unserer Demokratie.
Philipp Welte ist Vorstand Hubert Burda Media und Vizepräsident des Verbands der Deutschen Zeitschriftenverleger