„Für die Pressefreiheit müssen wir alle eintreten“
PRINT&more | Homeoffice und Lockdown– da fahren die Menschen weniger Auto und verbrauchen damit weniger Schmieröle. Wie ist LIQUI MOLY bislang durch die Krise gekommen?
ERNST PROST | Klar gibt es äußere Umstände, die auf uns Einfluss haben. Aber noch mehr als alle Krisen dieser Welt bestimmen wir selbst unsere Geschicke. Wir sind in 150 Ländern unterwegs. Irgendwo geht immer etwas, im negativen wie auch im positiven Fall.
Naturkatastrophen, Bürgerkriege, Währungsverfall und jetzt eben auch Lockdown. Wir könnten uns gut hinter dem »Feigenblatt Corona« verstecken. Machen wir aber nicht. Im Gegenteil: Wir greifen an.Deshalb sind wir auch gut durch die Krise gekommen.
Mein Eindruck ist, dass LIQUI MOLY seine Werbepräsenz in der Krise sogar erhöht hat. Stimmt das?
Ich liebe antizyklisches Vorgehen. Und dazu gehört eben auch anzugreifen, wenn sich andere Marktteilnehmer in die Defensive begeben. Deshalb haben wir unser Werbebudget verdoppelt und anstatt ca. 20 Millionen Euro, wie in den Jahren zuvor, 42 Millionen ausgegeben. Das ist eine langfristige Investition in unsere Marke und in unsere Märkte, die sich jetzt bereits auszahlt – und in den nächsten Jahren noch viel mehr.
In unserer kürzlich gestarteten Kampagne #DarumMarkenmedien stellen wir die verlässliche Qualität von redaktionellen Umfeldern, in denen Werbung platziert wird, heraus: Leser und User vertrauen diesen Umfeldern. Ein Vertrauen, das auch auf die Marken der Werbungtreibenden abstrahlt. LIQUI MOLY ist – wenn auch auf anderem Gebiet – ebenfalls eine Marke mit Strahlkraft. Werben Sie deshalb bevorzugt in Premiumumfeldern?
Wir werben dort, wo ich unsere Zielgruppe erreiche. Da wir mit seriösen Produkten handeln, ergibt sich automatisch auch ein seriöses Medienumfeld. Aber auf alle Fälle ist es für uns als Marke wichtig, nicht nur den Bekanntheitsgrad aufzubauen, sondern als Premiummarke wahrgenommen zu werden – und da hilft natürlich ein entsprechendes Premiumumfeld.
Sie waren bei LIQUI MOLY u.a. als Marketingleiter tätig. Wie viel Ernst Prost steckt heute noch im Marketing bei LIQUI MOLY?
Nach 30 Jahren bei LIQUI MOLY steckt alles von mir in dieser Firma. Meine Gedanken, meine Überzeugungen, meine Taten, mein Hirn, mein Herz – einfach alles. Diese Firma ist ein Teil meines Lebens und ich bin ein Teil dieser Firma. Das kann ich gar nicht mehr auseinanderhalten. Marketing hat viel mit Überzeugung und mit Persönlichkeit zu tun. Beides ist in unserem Fall sehr ausgeprägt. Nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen meiner Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich seit 30 Jahren gemeinsam di e Geschicke dieser Firma bestimme und leite.
Vor Kurzem machte Ihr Unternehmen auf anderem Gebiet Schlagzeilen: Die Eishockey-WM in Belarus wurde dem Land auch aufgrund des Drucks der Sponsoren entzogen. Ein eher ungewöhnlicher Vorgang, dass Sponsoren derartigen Einfluss nehmen. Wie kames dazu und wie stehen Sie zu dem Spannungsfeld, das sich zwischen Wirtschaft und Politik auftut?
Mir wäre es auch lieber gewesen, der Verband und der Veranstalter hätten uns erst gar nicht in diese Zwi ckmühle gebracht, in dem sie sich für einen ver nünftigen Austragungsort entschieden hätten. Es kann ja nicht sein, dass privat wirtschaftende Sponsoren Weltverbänden die ethisch-moralische Richtschnur für ihre Entscheidungen liefern müssen. In geschäftlicher Hinsicht büßen wir in diesem Land jetzt massiv für unsere Entscheidung. Sie können sich vorstellen, wie das herrschende Regime mit jenen Sponsoren, die sich so positioniert haben, umgeht. Das war uns klar und haben wir auch in Kauf genommen, aber besser wäre es, wir könnten unsere Arbeit und unsere Firma aus politischen Querelen heraushalten. Das macht unser Überleben als Firma mit 1.000 Arbeitsplätzen eindeutig leichter.
Sollten sich daher auch Unternehmer politisch stärker engagieren?
Es wäre schön, wenn wir in unseren Parlamenten nicht überwiegend Beamte sitzen hätten, sondern auch Handwerker, Freiberufler und Unternehmer aller Couleur. Ein vom Volk gewähltes Parlament sollte möglichst auch die ganze Bandbreite eines Volks widerspiegeln.
Der VDZ setzt sich seit Jahren für freiheitliche Grundrechte ein – beispielsweise mit der Pressefreiheitskampagne für die Pressefreiheit, ein Grundrecht, das in vielen Ländern – auch in Belarus – mit Füßen getreten wird. Welchen Stellenwert hat Pressefreiheit für Sie persönlich und wie stehen Sie als Unternehmer zu solchen Initiativen und der Verantwortung von Unternehmen?
Pressefreiheit ist ein nahezu heiliges Gut unserer Demokratie. Für die Pressefreiheit, die ein Teil unserer Grundrechte ist, müssen wir alle eintreten. Jeder Einzelne und natürlich auch jedes Unternehmen. Die unternehmerische Verantwortung hört nicht am Firmentor auf. Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen sind Teil der Gesellschaft und eine Gesellschaft ohne prosperierende und gesunde Unternehmen mit sozialer Verantwortung ist nicht denkbar. Daher kann es gar nicht genügend Initiativen in unserer Gesellschaft geben, die für unsere freiheitlichen Grundrechte eintreten und dafür kämpfen.
Wie informieren Sie sich täglich?
Ununterbrochen: Ölpreise, Währungsschwankungen, Wirtschaftsdaten. Das Internet liefert mir stündlich alle Daten, die ich brauche, um als Produzent von Ölprodukt en und als Exporteur in 150 Ländern die richtigen Ent-scheidungen treffen zu können. Egal, wo auf dieser Welt irgendwas los ist – es hat Einfluss auf uns im beschaulichen Ulm.
Welche Medien, insbesondere welche Magazine, »konsumieren« Sie aus beruflichen Gründen? Und zu welcher Zeitschrift greifen Sie in Ihrer Freizeit am liebsten?
Aus beruflichen Gründen greife ich aufgrund der gebotenen Aktualität eher zum iPhone als zum gedruckten Magazin. Umso mehr genieße ich es, für die private Lektüre Magazine über Motorräder, ferne Länder, über R eisen, über unsere wunderbare Welt, über Tiere und Pflanzen zur Hand zu nehmen.
// Die Fragen stellte Antje Jungmann.